Broschüren zum November 1918 von der DKP Braunschweig neu aufgelegt

Revolutionäre über Revolution

Von Nina Hager

Unter dem Titel „Die revolutionäre Arbeiterbewegung Braunschweigs von den Anfängen bis 1919“ hat auch die VVN-BdA Niedersachsen eine Broschüre zur Geschichte der Braunschweiger Arbeiterbewegung und der Novemberrevolution  herausgegeben. Sie befasst sich mit den Erinnerungen des Kommunisten Robert Gehrke.

In unserer Partei, der DKP, gab und gibt es seit 1968 viele Bemühungen, auch vor Ort das Andenken an die Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung lebendig zu halten. Heute ist das nötiger denn je, denn vieles wird verschwiegen, neu „gedeutet“ oder gerät in Gefahr, vergessen zu werden. Umso wichtiger sind Berichte von Zeitzeugen, ergänzt durch die historische Einordnung und durch Dokumente.

Die DKP-Kreisorganisation Braunschweig hat alte Materialien neu aufgelegt, neue Broschüren – auch gemeinsam mit anderen – erarbeitet. Sicher gibt es solche Beispiele auch in vielen anderen Orten.  Für die Braunschweiger Genossinnen und Genossen war  die Überlegung Anstoß für ihr Engagement, die bewegte Geschichte der Braunschweiger Arbeiterbewegung aufzuarbeiten und frühere Erlebnisse und Erfahrungen von Genossinnen und Genossen dabei auch für die Gegenwart nutzbar zu machen. 2015 erschien die Neuauflage der 1978 zum ersten Mal aufgelegten Broschüre „Die rote Fahne über dem Braunschweiger Schloss“. Sie stützte sich auf Erinnerungen des Genossen Hermann Wallbaum, der einer der ersten in der Spartakusgruppe Braunschweig war und aktiv an den Kämpfen der Novemberrevolution teilnahm. Die Broschüre „Zwischen Revolution und Faschismus“ beschäftigt sich mit der Geschichte der Braunschweiger Arbeiterbewegung zwischen 1918 bis 1933. Sie wurde auf der Grundlage der „Blätter zur Geschichte der niedersächsischen Arbeiterbewegung“ der DKP (1980, 1982 und 1986) erstellt und durch neuere Recherchen und sich daraus ergebenden Erkenntnissen erweitert.

Zwei „starke“ Frauen, Minna Faßhauer (1875–1949) und Anna Beddies (1891–1976), stehen im Mittelpunkt zweier weiterer Veröffentlichungen. Zu Minna Faßhauer heißt es auf der Webseite der Braunschweiger DKP: „Sie war Anfang des letzten Jahrhunderts in und mit der Braunschweiger Arbeiter*innenschaft aktiv.

Sie setzte sich noch unter illegalen Bedingungen für die Aufhebung des reaktionären Reichsversammlungsgesetzes von 1850 ein, das Frauen und Jugendlichen verbot, sich in Vereinen politisch zu betätigen. Mit dem Vereins- und Versammlungsgesetz von 1908 wurde das Verbot auch in Braunschweig aufgehoben.

Sie arbeitete in der Kinderschutzkommission mit und machte sich für die Schaffung von Kinderhorten, Volkskindergärten und die allgemeine Volksschule stark.

Als Ergebnis der Novemberrevolution übertrug ihr der Arbeiter- und Soldatenrat 1918 das Volkskommissariat für Volksbildung. Sie war damit die erste Frau in Deutschland, die in einem der Länder/Herzogtümer ein Minister*innenamt bekleidete. In ihrer Amtszeit wurde durch Gesetz die Trennung von Staat und Kirche an den Schulen vollzogen, ein zweites Gesetz hob die Geschlechtertrennung an den Schulen auf.

Per Erlass mussten tendenziöse Belehrungen über Militarismus, Volksverhetzung und Fürstenverherrlichung aus Bibliotheken und Schulbüchern getilgt und die Kriegs- durch Friedens- und Kulturgeschichte ersetzt werden.

An die Lehrkräfte erging die Aufforderung, herabsetzende Äußerungen über die Revolution und die revolutionären Errungenschaften zu unterlassen.

In dieser Broschüre haben wir ihren Lebensweg nachgezeichnet. Spätere Recherchen sind hier nachzulesen: https://www.minna-fasshauer.de/.“ Minna Faßhauer wurde nach Gründung der USPD Mitglied der Partei, später der KPD. Am 10. Oktober 2018 wurde – nach langem Bemühen und vielen Auseinandersetzungen – der frauenORT Minna Faßhauer im Gewerkschaftshaus eröffnet.

In der Broschüre zu Anna Beddies kommt sie weitgehend selber zu Wort. Sie war Arbeiterin in verschiedenen Braunschweiger Metallbetrieben, Betriebsrätin, politisch in der KPD aktiv. Sie war Friedenskämpferin und aktiv gegen die Notstandsgesetze in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

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Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Revolutionäre über Revolution", UZ vom 23. November 2018



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