Rote Hilfe wohin?

Wera Richter zum DDR-Bashing der Zeitung der Hilfsaorganisation

In diesem Jahr feiern wir den 70. Jahrestag der Gründung der DDR. Die DDR war ein antifaschistischer und Friedensstaat, von dem 40 Jahre lang kein Krieg ausging. Ein Staat, in dem Grundbedürfnisse der Menschen auf Arbeit, Bildung, Wohnen und Gesundheit gewährleistet waren. Ein Staat, der dem deutschen Imperialismus 40 Jahre lang Fesseln angelegt hat.

Wera Richter ist stellvertretende Vorsitzende der DKP

Wera Richter ist stellvertretende Vorsitzende der DKP

Dafür ist er bis aufs Messer bekämpft worden. An die Zerschlagung des Sozialismus werden wir heute nicht zuletzt durch NATO-Truppen, deutsche Soldaten, inklusive die, die vor Russland stehen, erinnert.

Für uns Kommunisten in der DKP war die DDR das bessere Deutschland; wir sagen, die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Wir sind stolz auf die Genossinnen und Genossen, die sie aufgebaut, gestaltet und verteidigt haben. Ein Wolkenkuckucksheim war die DDR nicht, konnte es vor allem wegen des verschärften Klassenkampfes, der ständigen Bedrohung nicht sein. Fehler und Schwächen hatte sie ohne Zweifel und auch die handelnden Genossinnen und Genossen waren nicht frei davon. Darüber gemeinsam und solidarisch zu diskutieren, halten wir für notwendig, um für die Zukunft zu lernen.

Die Mainstreammedien haben das Gegenteil im Sinn und werden Gift und Galle spucken im 70. Jahr der DDR-Gründung. Das ist ihr Auftrag. Dass sich die Zeitung der Roten Hilfe mit der aktuellen Ausgabe „‚Wenn wir brüderlich uns einen …‘, Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR“ hier einreiht, schmerzt.

Nicht weil die Genossen und Freunde der Roten Hilfe einen Finger in die Wunde legen, sondern weil sie die Sache ahistorisch, einseitig, ja völlig antikommunistisch angehen. Stasi, Spitzelei, Rote Kapos in Buchenwald mit dem Historiker Lutz Niethammer als Stichwortgeber, Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit, Unterdrückung der oppositionellen Jugend und Subkultur, Verbrechen gegen Genossen – alles dabei. Es fehlen nur die Mauertoten. Unseren Genossen wird abgesprochen, einen sozialistischen Versuch unternommen zu habe und vorgeworfen, den Grundstein für die nächste Niederlage gelegt zu haben. Im Vorbeigehen werden mal eben KPD und Kommunistische Internationale in die Pfanne gehauen.

Ausgeblendet werden die konkreten historischen Bedingungen, unter denen der Sozialismus in der DDR aufgebaut wurde. Als hätte es keinen Klassengegner gegeben. Ebenso die Errungenschaften des antifaschistischen und Friedensstaates, kein Wort über den Internationalismus, die Solidarität der DDR nicht zuletzt mit politischen Gefangenen.

Das Heft soll eine Antwort auf eine Ausgabe der Mitgliederzeitung von 2016 sein, die Solidarität mit den Opfern der Siegerjustiz übte. Ist diese Solidarität falsch? Soll sie zurückgenommen werden? Sind die Genossen, die für die Verteidigung der DDR in der BRD verfolgt und verurteilt wurden, denen ihre Renten beschnitten und deren Lebensleistung entwertet wurde, der Solidarität der Roten Hilfe nicht würdig?

Wir erleben in diesem Land eine Rechtsentwicklung hin zum autoritären Sicherheitsstaat und sprechen von Tendenzen der Faschisierung. Dazu gehören zunehmende Repression, neue Polizeigesetze und die Drohung, unter anderem der VVN/BdA die Gemeinnützigkeit abzuerkennen und die Rote Hilfe zu verbieten. Dagegen wehren wir uns gemeinsam. Innerhalb weniger Wochen traten rund 800 neue Mitglieder in die Rote Hilfe ein – auch Mitglieder der DKP aus Ost und West, darunter unser Vorsitzender und die Berliner Landessprecherin. Andere Genossen wie ich sind viele Jahre dabei.

Die Rote Hilfe ist eine „strömungsübergreifende“ und keine kommunistische Organisation. Unsere Haltung zur DDR und zum jeweils real existierenden Sozialismus kann sicher kein Konsens in ihr sein, aber sie darf auch nicht diffamiert werden. Bleibt dieses Heft von der Organisation unwidersprochen, grenzt sie einen Teil der Bewegung aus und entledigt sich ihrer Wurzeln. Antikommunismus als Diskussionsgrundlage wäre Spaltung und nicht rote Hilfe.

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Über die Autorin

Wera Richter, geboren 1969, ist stellvertretende Parteivorsitzende der DKP und Chefredakteurin der UZ. Die journalistische Laufbahn begann in jungen Jahren mit einem Praktikum bei der UZ mit Rolf Priemer als Chefredakteur. Damals wurde die UZ wieder Wochenzeitung. Später arbeitete die gelernte Gärtnerin im Ressort Innenpolitik der Tageszeitung junge Welt. Auf dem 20. Parteitag der DKP 2013 wurde Wera Richter zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt und übernahm die Verantwortung für die Organisationspolitik. Ein Job, den sie in der SDAJ kennen und lieben gelernt hatte. 2020 löste sie Lars Mörking als UZ-Chefredakteur ab.

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"Rote Hilfe wohin?", UZ vom 15. März 2019



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