In den Haushalten von Lausitzer Kommunen klaffen riesige Löcher. Nun soll bei den Sozialausgaben gespart werden

Rotstift angesetzt

Von Bernd Müller

In den Kommunen der Lausitz wird in den nächsten Jahren der Rotstift massiv angesetzt. Ob sich so manches Städtchen in den nächsten Jahren noch seinen Tierpark leisten können wird, ob die Kindergartenplätze bezahlbar bleiben oder ob das Vereinsleben vielfältig bleiben wird, kann von den Verantwortlichen bisher niemand sagen.

In Cottbus wurde erst vor wenigen Wochen ein Haushaltssicherungskonzept beschlossen. Die Stadt ist dazu verpflichtet, weil ihr Haushalt in diesem Jahr voraussichtlich ein riesengroßes Loch aufweisen wird: Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass auf den Schuldenberg von fast 300 Millionen Euro weitere acht draufgepackt werden müssen. Dass die Stadt mit ihren fast 100 000 Einwohnern unter der Schuldenlast ächzt, ist schon seit Jahren zu merken. Ein Grund für die Misere sind die Pflichtaufgaben. Die Kommune bekommt diese von der Bundes- oder Landesregierung übertragen, aber diese werden nicht in vollem Umfang ausfinanziert, und die Fehlbeträge müssen die Kommunen aus anderen Töpfen ausgleichen.

Eine Besserung der Situation ist derzeit nicht in Sicht, ist sich Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes des Landes Brandenburg, sicher. Dem „Märkischen Boten“ vom 2. April sagte er, dass auch die Schuldenanhäufung vieler Kommunen dadurch verursacht sei, dass den Kommunen Aufgaben übertragen würden, das Land aber die Rechnungen nicht übernehmen wolle. Als aktuelles Beispiel nennt er die Straßenentwässerung. Bisher war der Baulastträger dafür verantwortlich; Bund und Land mussten entsprechend bei Bundes- und Landesstraßen dafür aufkommen. Doch nun wälzt das Land die Kosten auf die Kommunen ab und beruft sich dabei auf die geänderte Rechtsprechung in Mecklenburg-Vorpommern. Nun sollen Städte und Gemeinden für landeseigene Straßen aufkommen, obwohl diese ihnen überhaupt nicht gehören.

Als Folge davon müssen die Städte und Gemeinden die freiwilligen Leistungen drastisch zusammenstreichen. Betroffen sind dann Eltern, die höhere Gebühren für den Kindergarten oder mehr für das Schulessen ihrer Kinder zahlen müssen; in Schulen könnten die Sozialarbeiter wieder wegfallen, so dass die Integration von benachteiligten Kindern schwerer wird; Öffnungszeiten von Bibliotheken werden weiter verkürzt, Spielplätze werden nicht saniert, sondern geschlossen und Vereinsaktivitäten werden vor allem für arme Menschen unerschwinglich.

Allein in Cottbus sollen in den kommenden Jahren weitere 600 000 Euro an freiwilligen Leistungen gespart werden. Auf eine Bürgeranfrage der DKP, ob es auch zu weiteren Kürzungen im Bildungsbereich kommen werde, antwortete der Sozialdezernent Bernd Weiße, dass „im Zuge der Haushaltskonsolidierung kein Bereich von Einsparungen ausgeschlossen“ sein wird. Die Verwaltung sei nun aufgefordert, Kürzungsvorschläge zu erarbeiten, die aller Voraussicht nach von einer Mehrheit der Stadtverordneten abgenickt werden.

Anderen Kommunen in der Lausitz geht es ähnlich, so zum Beispiel dem sächsischen Weißwasser. Dort stehen nun einige kulturelle Höhepunkte auf der Kippe, weil deren Durchführung auch von kommunalen Geldern abhängt. Es bestehe ebenso die Gefahr, so Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch gegenüber der „Lausitzer Rundschau“ am 2. Januar 2016, dass bei der Finanzierung des Tierparks, der Schwimmhalle oder bei der Kinder- und Jugendarbeit gekürzt werden muss.

Ein anderer Grund, der nicht vernachlässigt werden kann, weshalb auch andere Lausitzer Kommunen den Rotstift ansetzen müssen, liegt in einer verfehlten Wirtschaftspolitik auf Landes – aber auch auf kommunaler Ebene. Viel zu lange hatten sich Landes- und Lokalpolitiker mit den Steuereinnahmen aus dem Braunkohlebergbau zufrieden gegeben und offenkundig haben alle die Augen davor verschlossen, dass solche einseitigen Abhängigkeiten schnell auch zu einer Gefahr für die Kommunen werden könnten. Der Energiekonzern Vattenfall war immer ein guter Steuerzahler und gern gesehener Finanzier von Vereinen, bis er im letzten Jahr verkündete, er habe 2014 unter anderem durch hohe Abschreibungen ein Minus erwirtschaftet. Daraufhin mussten die Kommunen Millionen an vorausgezahlten – und von den Gemeinden schon ausgegebenen – Gewerbesteuereinnahmen zurückzahlen.

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"Rotstift angesetzt", UZ vom 15. April 2016



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