Aharon Barak, ein früherer Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs, Nahum Barnea, ein Militäranalyst, Ehud Olmert, ein früherer Ministerpräsident, Eli Barnavi, ein Historiker, Staatspräsident Jitzchak Herzog und Benny Gantz: sie alle warnen vor einem möglichen Bürgerkrieg in Israel. Für einen Militäranalysten wie Barnea sind solche Warnungen gut fürs Geschäft und für einen Politiker wie Gantz mögen sie für ganz konkrete politische Gewinne taugen. Aber vielleicht steckt für sie alle auch mehr dahinter.
Es ist die israelische Armee, die auf der Westbank kämpft und zerstört. Tausend Tote, zerstörte Infrastruktur, Zehntausende Menschen, die vertrieben wurden und bei Verwandten, Freunden oder in teuren Wohnungen unterkommen mussten, zerstörte Landwirtschaftsflächen sind das Ergebnis des offiziellen Krieges.
Aber neben der Armee gibt es auf der Westbank ein Schattenheer von schwer bewaffneten Siedlern, die Palästinenser angreifen, ihr Eigentum niederbrennen und versuchen, sie zu vertreiben. 1.500 Angriffe von Siedlern auf Palästinenser zählte die UN-Organisation OCHA auf der Westbank im Jahr 2024. Im Januar und Februar 2025 gab es 250 Angriffe, wobei nur solche gezählt wurden, bei denen Palästinenser oder ihr Eigentum unmittelbar zu Schaden kamen. Weitere 80 kleine, illegale Siedlungen, sogenannte „Outposts“, die seit Beginn des Krieges wie Pilze aus dem Boden schossen und vom zuständigen Minister Smotrich gern gesehen werden, sind die Brennpunkte der Gewalt gegen Palästinenser.
Ein typischer Fall ereignete sich erst vor wenigen Tagen. Siedler aus einem „Outpost“ griffen ein palästinensisches Dorf im Norden der Westbank an, brannten Gebäude nieder und verletzten zwei Palästinenser mit scharfer Munition. Die Armee griff lange Zeit nicht ein, Rettungsdienste wurden blockiert und am Ende kehrten die Angreifer unbehelligt in ihren Outpost zurück. Palästinenser müssen oft froh sein, wenn sie nicht ihrerseits angeklagt und verfolgt werden.
Obwohl sich offizielle Stellen häufig gegen Siedlergewalt aussprechen, geschieht nichts, um ihr Einhalt zu gebieten. Wie lange werden diese „Schwarzhundertschaften“ im Wissen um ihre Unangreifbarkeit ihre Gewalt auf Palästinenser beschränken? Womöglich bilden sich mit dieser Gewalt schon längst die ersten Milizen für einen möglichen Bürgerkrieg.