Die „antifaschistische Karawane“ wird im EU-Parlament widerwillig angehört

Solidarität mit den Menschen des Donbass

Von Melina Deymann

Polina ist der Name des ersten Kindes, das durch die Bomben der Kiewer Regierung getötet wurde. Von diesem Tag bis heute wurden in der Lugansker Volksrepublik 120 Kinder, in der Donezker Volksrepublik 141 Kinder getötet …“ So begann David Cacchione, Manager der italienischen Band Banda Bassotti und Organisator der antifaschistischen Karawane, seinen Redebeitrag im EU-Parlament. Auf Einladung der EU-Abgeordneten Eleonora Forenza, Mitglied der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken, besuchte die „antifaschistische Karawane“ am 13. Juli das Parlament der EU. Mehrmals waren die Mitglieder der Karawane im kriegsgeplagten Donbass gewesen und wollten nun in Brüssel Zeugnis ablegen von dem Leid der Zivilbevölkerung, das sie auf ihren Reisen mit angesehen hatten.

Doch diese Tatsachen werden im EU-Parlament nicht gerne gehört, ist doch die Integration der Ukraine in die EU und damit ein weiteres Vorrücken der NATO gen Osten Herzensangelegenheit dieser Institution. Während also Martin Schulz fröhlich einen Livestream mit Poroschenko initiieren kann und während die neue „Visafreiheit“ gefeiert wird, werden dem Solidaritätstreffen mit dem Donbass Steine in den Weg gelegt. Bis zur letzten Sekunde stand nicht fest, ob dafür ein Raum zur Verfügung stehen wird. Die Abgeordnete Forenza wurde mit sexistischen Beleidigungen überhäuft. Parlamentarische Gepflogenheiten gelten anscheinend nicht mehr, wenn man versucht, eine andere Geschichte zu erzählen als die der Mainstream-Medien.

Javier Couso, Abgeordneter der spanischen Izquierda Unida, machte in seinem Beitrag deutlich, was von der Institution EU-Parlament zu halten ist: „ Abgeordnete verschiedener Parteien werden heute davon abgehalten, Treffen zu Themen wie zum Beispiel Syrien oder Venezuela abzuhalten, der internationale Kampf gegen den Faschismus hat im Europaparlament keinen Platz.“ Er verweist darauf, dass Solidarität der einzige Weg ist, der Bevölkerung des Donbass beizustehen und den Imperialismus zu bekämpfen.

Andrey Kochetov, Vorsitzender der Gewerkschaft für kleine und innovative Betriebe in der Volksrepublik Lugansk spricht in seinem Redebeitrag über die Dimitroff-These und darüber, wie man momentan in der Ukraine beobachten kann, wie der reaktionärste und chauvinistischste Teil des Finanzkapitals die Führung übernimmt. Ein Überlebender des Massakers im Gewerkschaftshaus in Odessa schildert eindrücklich, was ihm widerfahren ist und wie sein bester Freund den Abend des 2. Mai 2014 nicht überlebte. Nach offiziellen Angaben starben an jenem Tag 42 Menschen durch die Hand von Faschisten, die Gewerkschaft geht von einer deutlich höheren Zahl aus. Bis heute gab es nicht eine Verurteilung und die EU schweigt, wie auch die europäischen Gewerkschaften.

Stanislaw Retinskij von der Kommunistischen Partei der Volksrepublik Donezk sprach über die von Kiew einbehaltenen Rentenzahlungen und Sozialleistungen, die, wie der Krieg, auf die schwächsten Teile der Bevölkerung abzielt.

Die Teilnehmer des Hearings waren sich einig, dass dem dringenden Wunsch der Bevölkerung der Volksrepubliken – „Erzählt die Wahrheit“ – entsprochen werden muss. Aufklärung über das wahre Gesicht der Kiewer Regierung, über die wahren Interessen der EU und über die wirkliche Situation im Donbass ist die dringendste Aufgabe unserer Solidaritätsarbeit.

David Cacchione formulierte das folgendermaßen: „Unglücklicherweise wird dieser Krieg auch durch meine Steuern finanziert und das möchte ich nicht. Ich möchte nicht, dass meine Arbeit, meine Steuern dazu dienen, eine Bande von brutalen Nazis zu finanzieren. Wir sind heute hier, um zu zeigen, dass ein anderes Europa existiert, ein Europa der Arbeiterklasse, das die Agressionen gegen den Donbass beenden möchte, genauso, wie wir Nein sagen zu den imperialistischen Aggressionen in Syrien und in Venezuela. (…)

Dieses Gebäude, das ein Symbol des demokratischen und antifaschistischen Europas sein sollte, ist heute ein Symbol für ein faschistisches und imperialistisches Europa, das seine Völker nicht unterstützt und Kriege finanziert. Ein Europa, das seine Wurzeln vergisst und absichtlich vergangene Grausamkeiten wiederholt.“

Mit einem großen Aufgebot an Sicherheitspersonal, mit wutentbrannt das Hearing verlassenden Abgeordneten konservativer Parteien und schließlich mit einer Beschimpfung der Teilnehmer auf den Gängen des Parlaments als Terroristen zeigte die Institution der EU, was sie von der Karawane hält. Das wird uns nicht abhalten, weiterhin die wahren Terroristen zu benennen.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Solidarität mit den Menschen des Donbass", UZ vom 21. Juli 2017



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