Teddy in Gefahr

Am Mittwoch dieser Woche (nach Redaktionsschluss der UZ) soll die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Pankow über einen Antrag der CDU-Fraktion zum Thälmann-Denkmal im Prenzlauer Berg entscheiden. Das gehört, wenn es nach der CDU geht, abgerissen und eingeschmolzen – der Erlös der Bronze solle dann „der Ukraine“ gespendet werden. Alles wegen Putin natürlich: „Es geht auch um den Umstand, dass wir jetzt Krieg in Europa haben, geführt von einem Mann, der Demokratie als Feigenblatt benutzt.“ Laut CDU betrachtet Wladimir Putin den Zusammenbruch der Sowjet-union als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts, weswegen jetzt schnell die Chance genutzt werden soll, die Erinnerung an Kommunisten aus dem Berliner Stadtbild zu tilgen.

Während sich Linkspartei und FDP skeptisch gegenüber dem CDU-Antrag zeigten, gibt es von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Hannah Wettig Zuspruch, sie will das Denkmal umwandeln in ein Mahnmal, „das die Verbrechen des Stalinismus und Ernst Thälmanns klar benennt“. Auf UZ-Anfrage, welche Verbrechen der 1944 im Konzentrationslager Buchenwald ermordete Kommunistenführer denn begangen hätte, antwortete Wettig: „Das habe ich unsauber formuliert. Richtig sollte es heißen: ‚das fatale Wirken Thälmanns‘.“

Da sie ihm kein Verbrechen anlasten kann, macht sie ihn gleich zum Oberschuldigen: „Die Sozialfaschismusthese, die Thälmann maßgeblich als Parteidoktrin durchgesetzt hat, hat in den entscheidenden Jahren der Weimarer Republik maßgeblich zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen. Das wäre dann ein Verbrechen, wenn er das billigend in Kauf genommen hätte“, schreibt sie in einer E-Mail an UZ. Der von den Faschisten eingesperrte und ermordete Thälmann soll sich also des Verbrechens schuldig gemacht haben, den Aufstieg des deutschen Faschismus billigend in Kauf genommen zu haben. Wer so argumentiert, findet auch eine Begründung dafür, den Erlös der Bronze direkt ans Asow-Regiment zu spenden.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Teddy in Gefahr", UZ vom 25. März 2022



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