Das Leid im Jemen ist ein gutes Geschäft

Waffen für Saudi-Arabien, Pflaster für Jemen

Von Manfred Ziegler

Seit mehr als zwei Jahren führt Saudi-Arabien Krieg gegen den Jemen. Die Infrastruktur des Landes wird zerstört, Millionen Menschen im Jemen sind auf Hilfe von außen angewiesen. Der Direktor des UN-Kinderhilfswerks Unicef für den Nahen Osten und Nordafrika, Geert Cappelaere, sprach davon, dass „in keinem anderen Land“ mehr Kinder leiden würden als im Jemen. UN-Generalsekretär António Guterres sagte: „Wir erleben das Verhungern und die Verkrüppelung einer ganzen Generation.“

In den Medien nehmen Berichte über den Krieg und die humanitäre Katastrophe im Jemen nur einen geringen Platz ein, schließlich ist es der Krieg eines zentralen Verbündeten der westlichen Wertegemeinschaft. Saudi-Arabien liegt mit seinen Rüstungsausgaben weltweit auf einem der vordersten Plätze. 67 Milliarden Euro, das sind fast zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts, gab das Königreich 2014 für seine Rüstung aus – bei prompter Bezahlung ein gutes Geschäft für Waffenexporteure aus aller Welt, auch aus China.

Als Saudi-Arabien 2015 den Krieg gegen den Jemen begann, wurden aus der Europäischen Union Waffen für gut 1,8 Milliarden Euro nach Saudi-Arabien exportiert. Großbritannien, Frankreich, die USA und auch Deutschland gehören zu den Lieferanten. Das deutsche Wirtschaftsministerium genehmigte 2016 Exportlizenzen für Waffen im Wert von mehr als 500 Millionen Euro.

Schon vor dem Krieg war der Jemen auf Importe von Grundnahrungsmitteln angewiesen. Je länger der Krieg andauert, umso schwieriger wird die Anlieferung von Hilfsgütern. Hafenanlagen wurden durch Bombenangriffe zerstört, das Land unterliegt einer Seeblockade durch Saudi-Arabien, unterstützt von den USA.

Über Bombenangriffe und Seeblockade hinaus soll nun womöglich ein Großangriff auf die Hafenstadt al-Hudeida erfolgen. Angebliches Ziel ist es, Waffenlieferungen an die schiitischen Ansarollah (Huthi) zu unterbinden. Tatsächlich würde mit einem solchen Angriff – ob erfolgreich oder nicht – lediglich die Versorgungslage der Bevölkerung weiter erschwert. Damit könnte Saudi-Arabien – noch mehr als bisher schon – „Hunger als Waffe“ gegen die Popularität der Ansarollah einsetzen. Immer wieder demonstrieren Hunderttausende in Sanaa gegen Saudi-Arabien und seinen Krieg.

Und US-Präsident Trump soll offenbar die Unterstützung der USA über die bisherigen Drohnenangriffe und logistische Unterstützung hinaus weiter ausdehnen. Verteidigungsminister Jim Mattis hat eine entsprechende Anforderung an das Weiße Haus geschickt. „Begrenzte Unterstützung“ für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate in ihrem Krieg und insbesondere in der Offensive gegen al-Hudeida würden eine gemeinsame Bedrohung bekämpfen.

Tatsächlich würde eine erweiterte Beteiligung der USA ein klares Signal für eine noch aggressivere Politik gegenüber dem Iran bedeuten. Zwar heißt es in Berichten über den Jemen regelmäßig, dass dort ein Bürgerkrieg herrsche. Aber Hauptkriegspartei ist schließlich Saudi-Arabien. Auch im Jemen wird ein Stellvertreterkrieg um die Vorherrschaft in der Region geführt.

Die größte Hungerkrise weltweit ist das Ergebnis der Seeblockade und der Bombenangriffe Saudi-Arabiens. Eine Geberkonferenz der UN in Genf hat am 25. April nur 50 Prozent der 2 Milliarden Euro erbracht, die zur Begrenzung der humanitären Katastrophe im Jemen nötig sind. Das ist eine Milliarde, die zunächst nur auf dem Papier steht und nicht die Menschen vor Ort erreicht hat.

Solange Saudi-Arabien mit Waffen versorgt wird, wird das Königreich kaum zu einer Verhandlungslösung bereit sein, der Krieg wird weitergehen.

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"Waffen für Saudi-Arabien, Pflaster für Jemen", UZ vom 5. Mai 2017



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