Über den Klimagipfel COP26 in Glasgow

Außer Spesen nix gewesen!

Eigentlich darf ein UZ-Redakteur diese Floskel nicht als Überschrift verwenden. Schon gar nicht, wenn der Gipfel, über den er schreibt, bei Redaktionsschluss erst begonnen hat. Doch bei einem Leitartikel über die 26. Weltklimakonferenz gibt es keine bessere.

„Der Klimawandel erfordert rasches und energisches Handeln.“ Diese Worte sprach die Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel, damals Umweltministerin, auf der ersten Weltklimakonferenz. Sie fand 1995 in Berlin statt. Zehn Jahre später beschlossen Staats- und Regierungschefs aus 195 Ländern in Paris ein völkerrechtlich bindendes Abkommen. Das Ziel ist, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten. Geredet wird viel über den Klimawandel. Besonders gerne von den Industrieländern, besser gesagt den imperialistischen Staaten – am liebsten auf verschiedensten Gipfeltreffen. Im Juni trafen sich die G7, am vergangenen Wochenende die G20. Die Ergebnisse der groß inszenierten Konferenzen sind genauso Mau wie die Aktivitäten der G7-Staaten gegen den Klimawandel.

Im Klimaschutzindex, den Nichtregierungsorganisationen herausgeben, geben sie ein schlechtes Bild ab. Deutschland lag 2015 im weltweiten Vergleich auf Rang 22 und verbesserte sich bis 2021 leicht auf Platz 19. Frankreich, 2017 auf Platz vier, stürzt auf die 23. Italien 27, Bestplatzierung 11. Japan verbesserte sich leicht auf Rang 45. Kanada pendelt um den Platz 58. Die USA sind im freien Fall von Rang 34, den sie 2016 erreichten, und seit zwei Jahren das Schlusslicht. Einzig die Briten sind stabil unter den ersten Zehn zu finden.

Bei so vielen Fakten scheint die Selbstbeweihräucherung nicht mehr auszureichen. US-Präsident Joseph Biden hat auf dem G20-Gipfel die Schuldigen ausgemacht: „was China nicht macht, was Russland nicht macht und was Saudi-Arabien nicht macht“ sei das Problem. Achtung Fakten: Die VR China verbesserte sich im Klimaschutz-Index seit 2015 um zwölf Plätze und landet aktuell auf Rang 33. Russland steht seit 2018 vor den USA und diese verlieren den Anschluss. Selbst Saudi-Arabien steht einen Platz besser da als der Lautsprecher aus Washington.

Noch schlimmer sieht es für die imperialistischen Staaten aus, wenn man Kategorien hinzuzieht, die viele Klimaschützer ignorieren. Beginnen wir mit dem Einfachsten: Relation der Klimaemission zur Bevölkerungszahl. Dann wären der Ausstoß von CO2 und andere Umweltbelastungen historisch zu betrachten. Allein die Kriege, die die imperialistischen Staaten für ihre Interessen geführt haben, erzeugen eine blamable Bilanz. Nimmt man dann noch dazu, dass viele Länder bei den Lebensbedingungen etliches aufzuholen haben und die viel größeren Möglichkeiten der Industrieländer, etwas für Natur und Klima zu tun, dann müssten die Dame und die sechs Herren schweigen und endlich ihre Hausaufgaben machen.

Das tun sie nicht. Sie können es nicht. Das imperialistische System bestraft diejenigen mit Untergang, die es nicht vermögen, die Interessen ihres Monopolkapitals auf Kosten aller anderen durchzusetzen. Einigen können sich die sieben Zwerge, die sich für Riesen halten, gerade noch, wenn es gegen Russland und die VR China geht. Nicht mal das gelingt mehr ohne Differenzen.

Die internationalen Abkommen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Der Ausgang der Gipfel von vorne herein klar. Die Konkurrenz der Monopole untereinander, zwischen den imperialistischen Staaten und zwischen diesen und den Nicht-Imperialisten, verhindert, gemeinsame Menschheitsziele zu verfolgen.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Außer Spesen nix gewesen!", UZ vom 5. November 2021



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