Über die Aggressivität der USA und Chinas Selbstbewusstsein

Gegen alle Vernunft

Jeder Mensch in diesem Land, der Zugang zum Internet hat, kann sich den „Newsletter der chinesischen Botschaft“ abonnieren und bekommt dort regelmäßig aus erster Hand Informationen aus China in deutscher Sprache. Die am 10. März verbreitete Ausgabe fasst die chinesische Sicht auf außen- und wirtschaftspolitische Fragen so zusammen: „China ist entschlossen, einen neuen sicherheitspolitischen Weg zu beschreiten, nämlich Dialog statt Konfrontation, Partnerschaft statt Bündnisbildung und Win-win statt Nullsummenspiele. Das Ziel aller unserer Bemühungen liegt nur darin, eine sicherere Welt zu schaffen. China steht fest auf der Seite des Friedens und des Dialogs.“

In den sogenannten Qualitätsmedien hierzulande ist davon kaum etwas zu vernehmen. Stattdessen konzentriert sich beispielsweise „Spiegel online“ darauf, aus der Zahl der Teetassen bei einer Sitzung den Einfluss handelnder Personen der chinesischen Partei- und Staatsführung herauszudestillieren. Wie selbstverständlich kreuzen inzwischen deutsche Fregatten und weitere Marineeinheiten vor Chinas Küsten. Genauso selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass in Peking – zum Glück – niemand auf den Gedanken kommt, chinesische Fregatten in die Nordsee zu schicken, um zu gewährleisten, dass die Seefahrtswege durch den Ärmelkanal oder das Skagerrak offen bleiben.

Geradezu absurd verlaufen hierzulande die ökonomischen Debatten. Die „FAZ“ weiß zwar, dass es bei der Suche nach Spionagebauteilen in chinesischer IT-Technik keinen „rauchenden Colt“ geben werde und räumt ein: „Auch die USA haben bisher wohl keinen Beleg dafür, dass Huawei mit seinen im Westen verbauten Produkten tatsächlich Informationen über Bürger gesammelt hätte, geschweige denn dafür, dass Peking gleichsam per Huawei-Fernsteuerung westliche Netze stören oder manipulieren könnte.“ Aber es nützt nichts – weil „Xi Jinpings China den Westen abhängen“ wolle, dürfe sich Deutschland, schlussfolgert dieses Blatt messerscharf, „nicht mit chinesischer Technik vernetzen“. Nachdem der Versuch, Russland über Sanktionen wirtschaftlich „in den Ruin“ zu treiben, gescheitert ist, wird nun versucht, zusätzlich China wirtschaftlich einzudämmen.

Das alles läuft auf eine Doppelstrategie der Isolation der USA, der EU und einer weiteren Handvoll alter Mächte gegenüber dem Rest der Welt einerseits und einer bis zur Hysterie getriebenen militärischen Aggressivität dieser ökonomisch absteigenden und sich selbst isolierenden Mächte gegenüber den aufsteigenden BRICS-Staaten andererseits hinaus. Völlig zu Recht warnte der chinesische Außenminister auf dem Nationalen Volkskongress vor den „katastrophalen Konsequenzen“ eines solchen Crashkurses gegen alle Vernunft und internationalen Kräfteverhältnisse.

Seitdem mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei“ als seiner Geburtsurkunde vor 175 Jahren der wissenschaftliche Sozialismus in die Welt getreten ist, befinden wir uns in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zu Sozialismus und Kommunismus. In unserer Zeit wirken wir Kommunistinnen und Kommunisten weltweit in einer der kompliziertesten Phasen dieser Epoche. Ob in Peking, Kiew, Moskau oder in Gotha, ob groß und regierend oder klein und zeitweise marginalisiert: Von der „Kommunistischen Partei“, der Ruhe, Klarheit und Entschlossenheit der in ihr vereinigten Menschen aller Länder dieses Planeten wird es abhängen, ob die Menschheit auf unserem Globus in diesem Ringen von Vernunft gegen Hysterie untergeht oder den Weg in eine neue Zukunft öffnen kann.

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"Gegen alle Vernunft", UZ vom 17. März 2023



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