Über den designierten US-Verteidigungsminister Austin

Imperiale Emanzipation

Hallelujah! Die Integration farbiger Menschen schreitet voran. Nach einer farbigen Vizepräsidentin nun ein farbiger Kandidat für den Chefsessel des Pentagon: Vier-Sterne-General Lloyd Austin. Ein Sieg für die Emanzipation. So viele Farbige, Frauen, LGBT-Bewegte waren noch nie in verantwortlichen US-Positionen. Joseph Biden schreibt Geschichte, wenn es um die Besetzung von Posten geht. Aber – um was zu tun?

Biden und Austin kennen sich seit den glorreichen Tagen des Krieges um „Greater Middle East“. Biden als politischer Kriegstrommler, Austin als kommandierender General. Barack Obama hatte ihn zum Chef des Central Command ernannt. Er war damit verantwortlich für alle Militäroperationen im Nahen und Mittleren Osten. Der endlose Krieg, das ist ihr Baby, da sind sich Joseph Biden und der ehemalige Generalstabschef der Army Lloyd Austin einig. Ganz gleich, wie viele Menschen dabei auch über die Klinge springen müssen. Mit dieser Expertise konnte Austin dann später durch die bekannte „Drehtür“ direkt in einen bestens dotierten Sessel im Vorstand der US-Waffenschmiede Raytheon wechseln.

Nach Trump, das hat Biden längst klargestellt, soll es im Nahen und Mittleren Osten mit neuer Kraft und neuen Gesichtern weitergehen. Und wenn es darum geht, die billionenteure US-Kriegsmaschine in Schwung zu halten, schreckt die altbewährte und eingeschworene Kamarilla aus Waffenproduzenten, Privatisierungsgewinnlern, Vier-Sterne-Generälen und Kongressabgeordneten auch vor den verhassten Schwulen und Farbigen nicht zurück.

Noch ist Lloyd Austin nicht bestätigt und ernannt. Nicht wenige aus dem Apparat machen sich auch weiterhin für Michèle Flournoy stark, eine der hysterischsten Kriegsfalken, die Washington zu bieten hat. Flournoy kann – wie Kamala Harris – die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht vorweisen und hat damit die Möglichkeit, zahllose Journalistinnen in den Monopolmedien für ihren Kriegskurs zu begeistern. Ob das Austin ebenfalls gelingen kann, wird man sehen.

In der Sache war es schon immer egal, welche Hautfarbe, welches Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung jene haben, die im Dienste des Imperiums die Henkersdienste ausführen. Wenn es allerdings um Bewusstsein, Gefühle und Propaganda geht, war es immer sehr erfolgreich, wenn vormals Unterdrückte zu Protagonisten und Kronzeugen der Unterdrückung gemacht werden konnten. Die US-„Demokraten“ haben diese Botschaft bestens verstanden.

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"Imperiale Emanzipation", UZ vom 11. Dezember 2020



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