Zu den Tarifverhandlungen der Länder

Jetzt hilft nur Streik

Martin Koerbel-Landwehr

Geht es nach den Finanzministern der Länder, zahlen die Beschäftigten in der laufenden Tarifrunde drauf. Sie sollen die Corona-Kosten durch Stellenabbau und Verzicht tragen. Insbesondere der Angriff auf die Eingruppierungsregeln würde zu Verschlechterungen für viele Beschäftigte führen. Auch die Beschäftigten der Uni-Kliniken sollen leer ausgehen. Corona sei vorbei, daher gebe es keinen Grund, sie durch die von ver.di geforderten zusätzlichen 300 Euro monatlich besonders zu belohnen.

Die Realität der Klinikbeschäftigten, insbesondere auch der Auszubildenden, ist eine ganz andere. Sie sind konfrontiert mit steigenden Mieten und höheren Preisen für Energie, Lebensmittel und öffentliche Verkehrsmittel. Betriebliche Unterkünfte wurden seit Jahren reduziert, bezahlbarer Wohnraum ist im Umfeld der Kliniken nicht zu finden. Die Arbeitsbelastung ist nicht zu ertragen. Sie ist nicht Corona geschuldet und sie trifft alle Berufsgruppen, nicht nur die oft benannten Pflegekräfte. Die Pandemie ist nicht zu Ende. Die Belegung der Kliniken ist in den letzten Monaten genau so hoch wie in der Zeit davor. Die Vorstände versuchen, die Verluste des letzten Jahres durch die Steigerung der Patientenzahlen auszugleichen.

Die Kolleginnen und Kollegen der Charité und von Vivantes haben mit ihren wochenlangen Streiks gezeigt, was sie jetzt brauchen: Bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung. Auch die Beschäftigten der Uni-Kliniken und der anderen Gesundheitseinrichtungen im Bereich der Länder erwarten jetzt eine spürbare Gehaltssteigerung. Statt Verschlechterungen muss es bessere Eingruppierungen für die anspruchsvollen Tätigkeiten geben. Dafür sind die Kolleginnen und Kollegen in den letzten Wochen aktiv geworden. Ihr Protest hat offensichtlich nicht gereicht.

In den Uni-Kliniken in NRW werden nicht nur die Pflegekräfte, sondern auch die Beschäftigten aus den medizinischen Berufen, den Versorgungsbereichen wie Küche, Wäscherei und Logistik und der Verwaltung und die vielen hundert Auszubildenden im November zeigen, wie ihre Antwort aussieht: Streik! Dabei wird es nicht bei einzelnen Tagen bleiben. Die „Arbeitgeber“ müssen durch Leistungseinschränkungen und Stationsschließungen merken, dass die Beschäftigten ihre Ignoranz nicht länger hinnehmen. Es ist zu hoffen, dass die Finanzminister dieses Signal hören. Sonst geht die Auseinandersetzung auch nach der dritten Verhandlungsrunde Ende November unvermindert weiter.

Martin Koerbel-Landwehr ist Mitglied der ver.di-Bundestarifkommission ö.  D. und Personalratsvorsitzender an der Uni-Klinik Düsseldorf

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"Jetzt hilft nur Streik", UZ vom 12. November 2021



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