Zum gescheiterten Regime-Change in Kasachstan

Kein zweiter Maidan

Die strategische Bedeutung von Kasachstan kann kaum überschätzt werden. Das Land ist der wichtigste zentralasiatische Staat. Es hat eine gewaltige Bedeutung für die Shanghai Cooperation Organisation (CCO), für die chinesische „Belt and Road“-Initiative (BRI), die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft (EAEU), die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO) und für vieles mehr. Außerdem verfügt das neuntgrößte Land der Erde über große Fossilenergiereserven. Es beherbergt die weltgrößten Uranreserven und den russischen „Weltraumbahnhof“ Baikonur. Kasachstan, das ist die zentrale Drehscheibe des eurasischen Ost-West- wie auch des Nord-Süd-Handels. Ein Blick auf die Karte genügt, um die Bedeutung des Landes für die eurasischen Kooperationsbemühungen und natürlich im Gegenzug für die Subversionsstrategien des „Westens“ zu erahnen.

Die Strategien der zivil getarnten Einflussorganisationen des Westens sind nicht neu. Die Blaupause lieferte 1953 die „Operation Ajax“, der Sturz des gewählten iranischen Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh durch CIA und MI6. Seither haben die westlichen „Dienste“ große Erfahrung in Regime-Change-Operationen und Farbenrevolutionen gesammelt. Es geht immer darum, Proteste im Land gegen bestimmte Missstände zu „übernehmen“, sie zu radikalisieren und zu brutalisieren. Das auslösende Problem, in Kasachstan die Erhöhung der Treibstoffpreise von etwa 14 auf 28 US-Cent/Liter Flüssiggas, spielt dann kaum noch eine Rolle. Wie in der Ukraine übernehmen koordiniert vorgehende, speziell trainierte und bewaffnete Einheiten die Initiative. Wie in Kiew wurden auch in Almaty und Nur-Sultan Regierungsgebäude gestürmt und gezielt auf Sicherheitskräfte geschossen. Über 160 Menschen sollen zu Tode gekommen sein.

In einer solchen Lage ist entschlossenes Handeln entscheidend. Die CSTO-Staaten, vor allem Russland, sind offensichtlich entschlossen, keine Farbenrevolution, keinen zweiten Maidan zuzulassen und haben umgehend interveniert. Eine Schaukelpolitik zwischen eurasischer Integration und westlicher Korruption, der auch der frühere kasachische Führer Nursultan Nasarbajew, aber auch Alexander Lukaschenko zuneigte, birgt existentielle Gefahren. Stabilität, Sicherheit und ökonomischer Fortschritt, das ist an der Seite Washingtons nicht zu erreichen. Diese Lehre musste nun auch Nur-Sultan machen. Die Eurasische Kooperation, der Einfluss Russlands und Chinas wurde in der letzten Woche nicht nur gesichert, sondern auch deutlich verstärkt.

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"Kein zweiter Maidan", UZ vom 14. Januar 2022



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