Über die Freundschaft des Außenministers mit Guaidó

Maas bleibt standhaft

Bundesaußenminister ist in der BRD traditionell ein dankbarer Job: Man darf in der Welt herumjetten, zeigt sich mit den Großen dieser Welt, bleibt von heimischen Streitigkeiten verschont und hat deshalb immer die besten Umfragewerte. Wenn dann noch wichtige internationale Ereignisse anstehen, kann man sich kaum dagegen wehren, als künftiger Kanzler oder Präsident gehandelt zu werden – und nicht selten wurden das ehemalige Außenminister später auch. Erinnern wir uns nur an Willy Brandt, Walter Scheel oder Frank-Walter Steinmeier.

Auch Heiko Maas schien von der „Popularitätsschmiede“ zu profitieren, nachdem er im März 2018 das Amt übernommen hatte. Wenige Monate später zählte ihn etwa die „Süddeutsche Zeitung“ schon zu den beliebtesten Politikern und führte das auf sein Amt zurück: „Nach vorherrschendem Eindruck erhebt sich der Außenminister über die Niederungen der Tagespolitik, sagt ein Politikwissenschaftler. Deshalb flögen ihm Popularität und Sympathie zu.“ Geblieben ist davon wenig: In der aktuellen Juli-Ausgabe ihres „Politbarometers“ zählte die „Forschungsgruppe Wahlen“ Maas nicht einmal mehr zu den wichtigsten zehn Politikern – während solche Figuren wie Hubertus Heil, Robert Habeck und sogar Christian Lindner aufgeführt werden.

Dabei wären die Rahmenbedingungen für Maas momentan prächtig: Deutschland ist mit einem nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat vertreten und hat seit Anfang des Monats sogar dessen Vorsitz inne. Und dann übernahm die BRD gleichzeitig auch noch die EU-Ratspräsidentschaft. Aber in den Medien wird vor allem über Heikos Maas-Anzüge berichtet.

Dabei gäbe es auch politisch durchaus einiges über den Herrn zu sagen. Er hat in den vergangenen Wochen im Sicherheitsrat versucht, China und Russland im Streit um Hilfslieferungen für Syrien vorzuführen. Dabei wurde ihm von den hiesigen Massenmedien bereitwillig sekundiert, doch Peking und Moskau sind für Klein-Heiko doch eine ganze Nummer zu groß. Am Ende musste er zähneknirschend einen Kompromiss schönreden, bei dem sich China und Russland weitgehend durchgesetzt haben.

Und so wendet sich Maas lieber jemandem zu, der eher seine Kragenweite zu sein scheint. Stolz verkündete er am 6. Juli über Twitter, dass er mit dem „Übergangspräsidenten Venezuelas“ telefoniert habe. Gemeint ist damit immer noch der Oppositionspolitiker Juan Guaidó, der sich Anfang vergangenen Jahres selbst zum „Staatschef“ des südamerikanischen Landes ausgerufen hatte. Seither hat er nichts an Einfluss gewonnen, aber viele seiner ehemaligen Unterstützer verloren. Großmäuligkeit ohne tatsächliche Ergebnisse, Korruptionsskandale und dann noch eine dilettantische Söldner-invasion haben selbst extreme Gegner der gewählten Regierung von Nicolás Maduro gegen Guaidó aufgebracht. In Washington merkt sogar Donald Trump inzwischen, dass ihn dieser Typ aus dem vermeintlichen Schurkenstaat in Südamerika eher Stimmen kosten als bringen dürfte.

Nur Heiko Maas hält weiter an Guaidó fest – und ignoriert dabei nicht nur die Warnung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, die schon im Mai 2019 festgestellt hatten, dass der Kurs der Bundesregierung gegenüber Caracas völkerrechtswidrig ist. Er stellt die Bundesrepublik auch international ins Abseits, sogar bei den eigenen Verbündeten. So hatte zum Beispiel der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erst Anfang Juli gemeinsam mit Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza ein Kommuniqué herausgegeben, in dem sich beide für die Beibehaltung der diplomatischen Beziehungen zwischen Brüssel und der – so wörtlich – venezolanischen Regierung aussprachen. Aber Heiko Maas sitzt so tief im Arsch Washingtons, dass ihn so etwas wohl nicht mehr erreicht.

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"Maas bleibt standhaft", UZ vom 24. Juli 2020



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