Mutmaßlicher Spionageballon

Die Spekulationen über einen „mutmaßlichen Spionageballon“ haben in dieser Woche Schlagzeilen produziert. Dieser liegt nun – abgeschossen von einem US-Kampfjet – vor der Ostküste der USA in einer Wassertiefe von 15 Metern. Die Überreste werden sicherlich zeitig von den US-Behörden ans Tageslicht gebracht werden, der Wahrheit wird dieses Schicksal vermutlich erspart bleiben. Denn die westliche Werteunion braucht tagesaktuell diese Schlagzeilen für die Durchsetzung ihrer Interessen. Der gemeinsame Feind – ob Russe oder Chinese – schweißt zusammen, was zusammengehört, und wenn nun ein chinesischer Ballon, 61 Meter hoch mit der der geschätzten Länge von drei Schulbussen mit der atemberaubenden Geschwindigkeit eines Luftschiffs die USA heimlich ausspionieren sollte, wird die kollektive Bedrohung des Westens offensichtlich. Ist jedenfalls für die Gruppenbildung zielführender als die Schlagzeilen vor einigen Jahren, als Angela Merkels Handy vom US-Geheimdienst abgehört wurde. Nichts soll heute den Gleichschritt bremsen. Und so stimmt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD) geflissen ein, dass der Abschuss des Ballons richtig gewesen sei und bezeichnete die Debatte als einen „Vorgeschmack auf den sich zuspitzenden Konflikt zwischen China und den USA in den nächsten Jahren“. Nichts wird ausgeschlossen über den Charakter dieser Ballonfahrt – bis auf das Naheliegende, dass es sich tatsächlich um einen verirrten zivilen Wetterbeobachter gehandelt hat.

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"Mutmaßlicher Spionageballon", UZ vom 10. Februar 2023



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