Manfred Sohn zur Stagnationsprognose für die deutsche Wirtschaft

Nun folgt Stellenabbau

Aus der Traum. Kurz vor Ostern warfen die „führenden Wirtschaftsinstitute“ ihre Herbstprognose in den Papierkorb. Mit ihr hatten sie der Bundesregierung zuvor ein Wirtschaftswachstum von wenigstens noch 1,3 Prozent in Aussicht gestellt. Daraus sind nun 0,1 Prozent geworden – also Stagnation. Andere sind noch skeptischer – das Wirtschaftsinstitut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erwartet ein Minus von 0,3 Prozent.

Parallel dazu beklagte die Bundesagentur für Arbeit die ausbleibende Frühjahrsbelebung des Arbeitsmarktes. Ihre Vorstandsvorsitzende An­drea Nahles, früher mal SPD-Vorsitzende, äußerte „zunehmenden Anlass zur Sorge“. Sie verwies darauf, dass die Chancen für Arbeitslose, einen Job zu bekommen, so schlecht seien wie lange nicht mehr, „und das Risiko, einen Job zu verlieren, steigt“. Sie fügte an: „Die Richtung stimmt schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.“ Für Millionen Menschen in diesem Land kommt zur Sorge um die Geldentwertung nun also die Sorge um den Arbeitsplatz hinzu.

440303 Manfred Sohn - Nun folgt Stellenabbau - Ampel-Koalition, Inflation, Rüstungsindustrie, Soziale Konflikte, Stellenabbau - Positionen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steckt derweil den Kopf in den Sand und kommentierte die Zahlen mit den Worten: „Energiepreise und Inflation haben sich beruhigt, intensiv arbeiten wir am Bürokratieabbau … die Energiewende kommt solide und planmäßig voran.“ Statt auf die Gewitterwolken am Horizont zu reagieren, hofierte er fast zeitgleich zur Veröffentlichung der Daten Vertreter der Rüstungsindustrie und sprach sich für ein „Hochfahren der Rüstungsproduktion“ aus. Das wird angesichts der Automatisierung dieser Industrie kaum Arbeitsplätze schaffen, aber gewaltige Finanzmittel verschlingen und noch mehr Tod in alle Welt und irgendwann auch nach Deutschland tragen.

„It’s the economy, stupid“, ließ der später siegreiche Präsidentschaftskandidat Bill Clinton 1992 in seiner Wahlkampfzentrale in Großbuchstaben an die Wand schreiben, um allen klar zu machen, dass die Menschen in den USA – wie überall auf der Welt – letztlich denjenigen politisch unterstützen, der ihr Leben besser und nicht schwerer macht. Angesichts der sich rasant verdüsternden sozialen Lage von Millionen in diesem Land wird diese Wahrheit bei den anstehenden Wahlen zu einem Desaster für die Ampelparteien führen.

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"Nun folgt Stellenabbau", UZ vom 5. April 2024



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