Zur Einführung der Impfpflicht in Österreich

Vertrauen am Boden

Rückblick: Am 27. Januar 2020 wurde die erste Corona-Infektion in Deutschland nachgewiesen. Gesundheitsminister Spahn (CDU) mahnte zur „wachsamen Gelassenheit“. Die Infektionsgefahr sei gering und Deutschland gut vorbereitet. Im österreichischen Skiort Ischgl ging die Party bis in den März. Laut „Spiegel“ gehen weltweit 11.000 Infektionen auf diesen Ort zurück.

Zwei Jahre später beschloss das österreichische Parlament mit großer Mehrheit eine allgemeine Impfpflicht. Angedroht wird ein Bußgeld von 600 Euro, im Falle eines Einspruchs können es vermögensabhängig bis zu 3.600 Euro werden. Ab Mitte März soll die Polizei etwa bei Verkehrskontrollen auch den Impfstatus abfragen. Vorgesehen ist ein elek­tronisches Impfregister, in dem halbjährlich der Status aller Bürger dokumentiert werden soll. Weder Zwang noch Haftstrafen soll es geben. Befristet ist die Norm bis 2024. Damit ist die Alpenrepublik das erste europäische Land, das eine allgemeine Impfpflicht eingeführt hat. Entgegen den Beteuerungen der Politik. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Nationalrat erklärte die Impfpflicht zum „Weg aus der Pandemie“. Sie ermögliche, das gewohnte Leben zurückzubekommen. Dass dieses Versprechen schon bei den Impfungen gegeben wurde, erwähnte sie nicht.

Die Debatte ließ vieles aus: Kaputtgespartes Gesundheitssystem, ausgepresstes Personal, Verkürzung der Quarantänepflicht, damit die Menschen weiter arbeiten können, bei gleichzeitiger Schließung von Freizeit- und Kultureinrichtungen. Ausnahmen gibt es für den Wintertourismus. „Kapitalistische Profitmacherei und Ausbeutung müssen auch unter Pandemiebedingungen funktionieren“, fasst der Vorsitzende der Partei der Arbeit, Tibor Zenker, zusammen. Statt Offenlegung von Lieferverträgen und Patenten, der Zulassung aller Impfstoffe und weltweiter Zusammenarbeit gegen die Pandemie wird auf Zwangsmaßnahmen gesetzt. Der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) fürchtet, dass die Impfpflicht das Vertrauen der Bevölkerung weiter untergräbt, da die Mehrheit der Bevölkerung das Pandemie-Management der Regierung als schlecht bewertet. Schade nur, dass bisher auch in Österreich nur die Rechte und Faschisten von der Staatsverdrossenheit profitieren können. Das muss sich ändern.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Vertrauen am Boden", UZ vom 28. Januar 2022



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