250 000 Menschen auf der Demonstration am 10. Oktober

Wir sprechen für Millionen

Von nh

Der erste Eindruck war bereits überwältigend: Gegen 11 Uhr 30 war am vergangenen Sonnabend der Berliner Hauptbahnhof dicht. Man kam kaum noch heraus. Der Vorplatz war voller Menschen. Fahnen, Transparente von Umweltverbänden, Gewerkschaften, attac u. a. waren zu sehen, Fahnen der Grünen, der Partei „Die Linke“, von DKP, SDAJ usw. Familien mit ihren Kindern kamen mit selbst gemalten Plakaten. Auffällig waren die vielen kapitalismuskritischen oder gar antikapitalistischen Losungen sowie die vielfältigen Forderungen nach Demokratie. „Brot für die Welt“ und andere verlangten die Einführung „GlobalClimatMarch“globaler Menschenrechtsstandards für Unternehmen, andere „Menschenrecht vor Handelsrecht“, das weltweite Handeln gegen den Klimawandel usw.

Später baten die Veranstalter die auf dem Vorplatz Stehenden: Geht doch schon mal auf die Straße und rückt ein bisschen vor, damit die vielen, die noch im Bahnhof sind, herauskommen und sich der Demonstration anschließen können. Zu diesem Zeitpunkt hielten die S-Bahnen nicht mehr am Hauptbahnhof. Tausende mussten an den Stationen davor – westlich wie östlich – aussteigen. Dann begann der bunte und laute Zug – in ihm auch ein Block der DKP und SDAJ – vom Hauptbahnhof durch die Berliner Innenstadt.

Die Organisatoren (Bewegungen und Verbände aus dem ganzen Land, der DGB und seine Branchengewerk-schaften u. v. a.) sprachen später von einer Viertelmillion Menschen, die an der Demonstration gegen TTIP und CETA am 10. Oktober in Berlin teilnahmen. Die Polizei zählte nur 150 000. Sie vergaß dabei offenbar völlig die vielen Tausenden, die sich auf anderen Wegen zur Abschlusskundgebung am „Großen Stern“ in Berlin-Tiergarten begeben mussten. Nehmen wir das mal an.

Noch am Sonnabend pries Sigmar Gabriel in mehreren großbürgerlichen Zeitungen mit einem ganzseitigen Brief das Freihandelsabkommen. Doch nicht nur Beschwichtigung war angesagt. Fakt ist, dass massiv versucht wurde, die Demonstration gegen TTIP und CETA bereits im Vorfeld zu diskreditieren: durch die Berichterstattung in Medien, durch Behauptungen von Unternehmerverbänden. „Spiegel-Online“ gebührt dieses Mal die Auszeichnung für die größte mögliche Schweinerei: Am 10. Oktober erschien dort ein Beitrag, der den Organisatoren und TeilnehmerInnen der Demo vorwarf, von rechts gesteuert und antiamerikanisch zu sein.

Die Bewegung soll verunsichert und diffamiert, der Widerstand gegen TTIP und CETA gespalten werden. Aber 3,26 Millionen Menschen haben sich in EU-Europa bislang mit ihrer Unterschrift gegen TTIP ausgesprochen. Die Demonstration am vergangenen Sonnabend war ein wichtiger Schritt, um den Widerstand zu verstärken.

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"Wir sprechen für Millionen", UZ vom 16. Oktober 2015



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