Arbeiterrechte bleiben auf der Strecke

Designerklamotten bei Aldi

Von Christiane Schnura

Jette Joop Designerkleidung bei Aldi. Wenn das nichts ist. Aldi-Süd bietet am 11. April 2016 Kleidung der Stardesig­nerin Jette Joop zum Schleuderpreis an. Für die Verbraucherin ein verlockendes Angebot. Doch wer hat diese Kleidung genäht? Und unter welchen Arbeitsbedingungen?

Schauen wir uns doch einmal die Aldi-Gruppe genauer an. Aldi ist ein Familienunternehmen. Durch die Aufsplitterung der Aldi-Gruppe in rechtlich selbstständige Untergesellschaften entzieht sich das Unternehmen weitgehend einer Veröffentlichung von zentralen Geschäftsdaten und gewerkschaftlicher Kontrolle. Des Weiteren gilt die Aldi-Gruppe aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen und regionalen Struktur aber nicht als Konzern und ist deshalb nicht zur Veröffentlichung einer offiziellen Konzernbilanz verpflichtet. Die Geschäfte werden über regionale Gesellschaften abgewickelt, die seit 2000 ihre Bilanzen im „Bundesanzeiger“ veröffentlichen müssen.

2007 schloss sich Aldi der Business Social Compliance Initiative (BSCI) an und verpflichtet seitdem zahlreiche Zulieferer ebenfalls zu diesem Schritt. Dies hat zu einer Explosion der Mitgliedszahlen bei BSCI geführt, in der eine Vielzahl der Mitglieder direkt oder indirekt mit Aldi Geschäftsbeziehungen hat. Die in der BSCI vertretenen Unternehmen haben sich einen Verhaltenskodex bezüglich der Arbeitsbedingungen entlang ihrer Produktionskette auferlegt. Der Kodex bezieht sich auf die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation und schließt darüber hinaus weitere Standards bezüglich Arbeitsstunden sowie Sicherheits- und Gesundheitsaspekten mit ein. Eine unabhängige Kontrolle des Kodexes durch lokale Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen findet nach Kenntnissen der Kampagne für saubere Kleidung nicht statt, ein Beschwerdesystem für die NäherInnen fehlt. Die Kampagne für saubere Kleidung kritisiert zudem das intransparente Vorgehen der BSCI. Ergebnisse der Sozialaudits (Kontrolle, ob die Sozialstandards eingehalten werden) werden nicht offen gelegt und auch zu Preis und Lieferfristen gibt es keine Informationen. Aldi versucht somit, sich ein Feigenblatt anzulegen. Von einem wirklichen Engagement zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern kann nicht gesprochen werden.

2010 hat Aldi Süd erstmals eine Selbstverpflichtung zur Unternehmensverantwortung („Aldi Corporate Responsibility-Policy“) erarbeitet. Insbesondere der Teil zur Entlohnung ist in dieser freiwilligen Selbstverpflichtung völlig unzureichend. So schreibt Aldi „Löhne für reguläre Arbeitszeiten, Überstunden und die damit verbundenen Zuschläge entsprechen mindestens den national geltenden Vorschriften oder – sofern diese höher sind – den üblichen Standards der örtlichen Fertigungsindustrie.“. Es ist bekannt, dass die Mindestlöhne in den Produktionsländern bei weitem nicht zum Leben reichen. Darum fordert die Kampagne für saubere Kleidung endlich die Zahlung eines existenzsichernden Lohnes. Dieser setzt sich zusammen aus: Lebensmitteln, Kleidung, Krankenversorgung, Bildung, Wasser, Kinderbetreuung, Mobilität, Unterkunft, Energie und Rücklagen in Höhe von zehn Prozent des Einkommens. Davon ist der Mindestlohn in den Produktionsländern wie Bangladesch, Vietnam, oder Rumänien Lichtjahre entfernt.

Zum Jette Joop Kleider-Hype erklärt Christiane Schnura, Koordinatorin der Kampagne für saubere Kleidung:“Frau Joop erklärt in Interviews, die günstigen Aldi Preise sind durch die enormen Stückzahlen zu erklären. Dies ist aus meiner Sicht eine unzureichende Erklärung. Die Profite in der weltweiten Bekleidungsindustrie sind vor allem den Hungerlöhnen und den miesen Arbeitsbedingungen geschuldet. Es gilt wieder einmal, Profite vor Arbeitsrechten.“

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"Designerklamotten bei Aldi", UZ vom 15. April 2016



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