Antifaschistische Karawane startet zwei neue Kampagnen – Ein Gespräch mit David Cacchione

Die Brüder Kononowitsch sind nicht allein

Die Antifaschistische Karawane engagiert sich seit 2014 für die Volksrepubliken des Donbass. Sie reisen mehrmals im Jahr in die Republiken, um dort nicht nur materielle Solidarität zu leisten. In den beiden nun von ihr ausgerufenen Projekten geht es um die Sammlung von Spenden für Schulmaterial für Waisenhäuser in den Volksrepubliken und um den Kampf für die Freilassung der Brüder Kononowitsch. Der Vorsitzende des Leninschen Komsomol der Ukraine und sein Bruder wurden wenige Tage nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vom ukrainischen Geheimdienst festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, Spione und „Propagandisten“ zu sein. Sie wurden bei der Festnahme verletzt und sind im Gefängnis der Folter ausgesetzt. Gegen sie findet momentan ein Schauprozess statt, an dem weder die Brüder noch ihr Anwalt regelmäßig teilnehmen dürfen. UZ sprach mit David Cacchione von der italienischen Band Banda Bassotti, die die Antifaschistische Karawane gegründet hat, über die Kinder des Donbass und darüber, was wir jetzt für die Freilassung der Brüder Kononowitsch tun können.

UZ: 2014 habt ihr die Antifaschistische Karawane gegründet, zur Unterstützung der Menschen in den damals noch jungen Volksrepubliken des Donbass. Jetzt habt ihr die Karawane wieder einberufen und wurdet – genau wie wir – von den angekündigten Referenden überrascht. Was bedeuten die Abstimmungen deiner Meinung nach für die Zukunft der Volksrepubliken?

David Cacchione: Als wir die Antifaschistische Karawane gründeten und organisierten, wussten wir, dass die einzige Chance für die Republiken darin bestand, sich der Russischen Föderation anzuschließen. Jetzt, inmitten des Konflikts zwischen den USA und der NATO auf der einen und Russland auf der anderen Seite, ist das Referendum die einzige Möglichkeit, die Republiken zu verteidigen. Es ist inzwischen allgemein bekannt, dass die Ukraine mit Waffen und Technologie der NATO kämpft. Dass US-Satelliten die Koordinaten an die ukrainische Armee übermitteln. Dass Tausende von NATO-Söldnern gegen Russland kämpfen. Dass NATO-Offiziere auf ukrainischem Boden gegen Russland kämpfen. Die Territorien der Republiken müssen Teil Russlands werden. Russland muss sich gegen die NATO-Aggression verteidigen. Es gibt keine anderen Möglichkeiten.

UZ: Die Karawane hat zwei neue Kampagnen ausgerufen: zum einen die Sammlung von Geld- und Sachspenden für die Waisenhäuser der Volksrepubliken, mit denen ihr seit Langem eng verbunden seid, und zum anderen eine politische Kampagne für die Freiheit der Brüder Kononowitsch, die in der Ukraine im Gefängnis sitzen. Warum passen die beiden Kampagnen, die auf den ersten Blick so unterschiedlich erscheinen, zusammen?

David Cacchione: Wir glauben, dass die Zukunft der Kinder die Zukunft des Donbass ist. Die Unterstützung und Hilfe für den Donbass und die ukrainischen Antifaschisten, die ukrainischen Kommunisten, sind zwei Seiten desselben Kampfes. Das Verbot der Kommunistischen Partei in der Ukraine ist eine Form des Faschismus, die wir seit Jahren nicht mehr erlebt haben. Die europäischen Regierungen sehen die undemokratischen Gesetze nicht, die die ukrainische Regierung gegen ihr eigenes Volk anwendet.

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Mitglieder der Antifaschistischen Karawane tragen Spenden zum Waisenhaus in Gorlowka. (Foto: Antifaschistische Karawane)

UZ: Du sagst, die Kinder sind die Zukunft des Donbass. Hat das Leiden der Kinder im Donbass seit Februar zugenommen? Ist ihr Leben mehr bedroht als vor dem Kriegseintritts Russlands?

David Cacchione: Es ist wirklich schwierig, die ganze Zeit unter den Bomben zu leben. Und jetzt, wo die Bombardierungen zugenommen haben, ist es sehr gefährlich, viele Kinder an einem Ort unterzubringen. Wir unterstützen einige Waisenhäuser schon seit Jahren und in dieser Zeit haben wir es immer für sehr wichtig gehalten, ihnen unseren Trost zukommen zu lassen. Viele Schulen und viele Kinder sind nach Russland geschickt worden. So können sie weiter lernen.

UZ: Michail und Alexander Kononowitsch sind führende Mitglieder des Leninschen Komsomol der Ukraine. Warum, glaubst du, werden Kommunistinnen und Kommunisten vom ukrainischen Regime besonders verfolgt? Was können wir hier konkret für ihre Freilassung tun?

David Cacchione: Zunächst ist es sehr wichtig, ihre Situation bekannt zu machen. Die Brüder Kononowitsch sind nicht allein, viele Genossinnen und Genossen aus der ganzen Welt unterstützen ihren Kampf. Leider sind die Brüder nur zwei von Tausenden von Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die seit 2014 verhaftet, gefoltert oder auf der Straße verprügelt wurden. Wenn man ihre Verhaftung, ihre Folter und ihre Inhaftierung ohne jegliche Beweise betrachtet, dann ist das ein Zeichen für das völlige Fehlen von Demokratie in der Ukraine. Das Europa der Mächtigen sieht das Verbot der kommunistischen und anderer politischer Parteien in der Ukraine nicht. Diese Nachricht erreicht die Menschen nicht. Fast alle Medien sind in den Händen des Imperialismus und es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um das Gesicht des Faschismus in der Ukraine bekannt zu machen. Alles, was in der Ukraine geschieht, wird auch von der Regierung unserer Länder bezahlt und unterstützt. Mit unserem Geld. Mit unseren Steuern. Wir müssen uns diesem von der NATO und der US-Regierung gewollten Krieg widersetzen.


Spenden für die Antifaschistische Karawane bitte an den DKP-Parteivorstand:
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Stichwort: Antifaschistische Karawane



Kommunistenverfolgung in der Ukraine

Direkt nach dem Maidan-Putsch wurden in der Ukraine die Parteibüros der Kommunistischen Partei angegriffen, besetzt und in Brand gesetzt. Am 6. Mai 2014 wurde die Fraktion der KP der Ukraine, die 32 Abgeordnete hatte, von den Sitzungen der Rada, des ukrainischen Parlaments, ausgeschlossen. Am 8. Juli beantragte der ukrainische Justizminister beim Verwaltungsgericht das Verbot der KPU. Am 22. Juli verabschiedete die Rada ein Gesetz, das dem Parlamentsvorsitzenden – zu dem Zeitpunkt ein Faschist der Swoboda-Partei – das Recht einräumt, Fraktionen aufzulösen. Zwei Tage später löste er die Fraktion der KPU auf. In den Jahren danach wurde die Partei weiter in die Illegalität getrieben, ihre Teilnahme an Wahlen untersagt. 2015 wurden in der Ukraine „die kommunistische Ideologie“ und kommunistische Symbolik verboten.

Im Mai diesen Jahres freute sich laut den Nachrichtenagenturen der Justizminister der Ukraine, dass nach sieben Jahren das Gerichtsurteil über das Verbot der KPU endgültig gefallen sei. Nach seinen Worten werden solche Dinge mit dem neuen Gesetz über das Verbot „prorussischer“ Parteien sehr viel schneller abgehandelt werden können. Wer diese „prorussischen“ Parteien sind, bestimmt allein das Kiewer Regime. Die Repression trifft schon lange nicht mehr nur kommunistische oder antifaschistische Organisationen, die gesamte bürgerliche Opposition ist mundtot gemacht und von Verfolgung bedroht.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Die Brüder Kononowitsch sind nicht allein", UZ vom 30. September 2022



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