Zu zwei Meldungen der neuen Bundesregierung zur Militärpolitik

„Für Frieden und Stabilität“

Der Russe lauert überall. Zum Glück gibt es Feiertage, an denen das ohne Aufsehen angeprangert werden kann. Also veröffentlichten 15 westliche Staaten, die unter UN- und EU-Etikett am Kolonialkrieg Frankreichs in Westafrika teilnehmen, am 23. Dezember eine „Gemeinsame Erklärung zur Stationierung der Wagner-Gruppe in Mali“. Inhalt: „Wir“ helfen Mali bei den „Bemühungen um dauerhaften Frieden und Stabilität sowie bei der Terrorismusbekämpfung“ und verurteilen „nachdrücklich die Stationierung von Söldnertruppen auf malischem Territorium“. Bedauerlich sei, dass die malischen Behörden dafür „spärliche öffentliche Mittel“ verwendeten. Die Hauptschuld aber habe Russland: „Wir sind uns der Beteiligung der Regierung der Russischen Föderation an der materiellen Unterstützung des Einsatzes der Wagner-Gruppe in Mali bewusst und fordern Russland auf, zu einem verantwortungsvollen und konstruktiven Verhalten in der Region zurückzukehren.“ Das ist nach zehn Jahren Krieg grotesk, aber das ist nicht das Wichtige an dem Papier: In ihm ist von einem Rückzug aus Mali wegen der Russen keine Rede. Den hatte noch im September 2021 die damalige Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer „angedroht“.

Wie sich eine Woche später herausstellte, war die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), just in den Tagen vor Weihnachten in Mali und in Niger unterwegs. Am 2. Januar wurde das durch „dpa“ öffentlich. Die Nachrichtenagentur posaunte hinaus, Högl habe die beiden Bundeswehreinsätze – im Rahmen der UN-Mission Minusma mit mehr als 1.000 Soldaten und im EU-Ausbildungseinsatz EUTM mit zuletzt rund 300 Soldaten – in Frage gestellt. Tatsache war, dass sie hinter Minusma in Mali „ein großes Fragezeichen“ setzte, im Fall Niger aber fürs Dableiben ist: „Ich hatte in Niger den Eindruck, dass dort trotz der Schwierigkeiten, die auch dieses Land hat, mehr möglich ist in Sachen Unterstützung und Training, als es sich in Mali darstellt.“ Dort gibt es keine aufmüpfige Regierung, die in Russland „historische Partner“ sieht, dafür jede Menge Uran – etwa 7 Prozent der Weltvorräte.

Högls „Differenzierung“ entsprach der „Gemeinsamen Erklärung“ und dem Vorhaben der neuen Kriegsministerin Christine Lambrecht (SPD), fallweise über Verbleib und Abzug deutscher Truppen zu entscheiden. In Högls Worten: Mit den internationalen Partnern müsse abgestimmt werden, „was unsere realistischen Ziele sind“.

In Litauen ist diese Abstimmung schon erfolgt. Im dortigen Bundeswehrstandort Rukla, berichtete „dpa“ am 28. Dezember unter Berufung auf das Einsatzführungskommando, den deutschen Generalstab, planen BRD und das baltische Land für den NATO-Gefechtsverband den gemeinsamen Bau einer festen Kaserne. Bei der Stationierung der „verstärkten Vornepräsenz“ (Enhanced Forward Presence) unweit der Grenze zu Belarus war noch von ständiger Rotation die Rede, weil die NATO-Russland-Grundakte keine dauerhafte NATO-Stationierung in Osteuropa erlaubt. Nun hat man sich eingerichtet. Lambrecht hatte vor Weihnachten den Standort demonstrativ besucht. Nun erklärte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos: Mit dem Bau der Kaserne „leisten wir auch einen Beitrag zur Verbesserung der militärischen Fähigkeiten unserer Gastnation“.

Ob „Sahelistan“ oder an der Grenze zu Belarus und Russland: Die Bundeswehr verhilft zu „dauerhaftem Frieden und Stabilität“.

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"„Für Frieden und Stabilität“", UZ vom 7. Januar 2022



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