In Venezuela wurden zwei Mitglieder der Kommunistischen Partei umgebracht

Gezielt ermordet

Innerhalb von 48 Stunden sind in Venezuela zwei aktive Mitglieder der Kommunistischen Partei ermordet worden. Die Verbrechen ereigneten sich in Táchira, einem an Kolumbien grenzenden Bundesstaat im Westen des südamerikanischen Landes. In beiden Fällen hatten die Täter ihre Opfer verfolgt und es offenkundig gezielt auf sie abgesehen.

Am 8. Mai wurde Oscar Rangel, von seinen Genossen auch Cachú genannt, im Municipio Bolívar auf offener Straße erschossen. Er hatte noch versucht, sich vor seinen Verfolgern in einer Kirche in Sicherheit zu bringen, doch die Mörder waren schneller. In einer Stellungnahme forderte das Politbüro der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) von den Behörden eine schnelle Aufklärung des Verbrechens. Der Mord an Cachú belege „die Verschärfung des Klassenkampfes in unserem Land und insbesondere in den venezolanischen Grenzorten, in denen die Gewalt der paramilitärischen Gruppen, der Mafia und ihrer Günstlinge in staatlichen Institutionen die Antwort auf die berechtigten Forderungen des Volkes ist“. Am 10. Mai starb in Junín der 39 Jahre alte Tony Rafael Rojas, als er ebenfalls auf offener Straße von Maskierten erschossen wurde.

Von Seiten der örtlichen Behörden gibt es offenbar wenig Interesse daran, die Vorfälle aufzuklären. Als am 12. Mai Luis Zapata als Vertreter des Linksbündnisses Revolutionäre Allianz des Volkes (APR) – in dem die PCV die führende Kraft ist – bei der Generalstaatsanwaltschaft vorstellig wurde, um Ermittlungen einzufordern, wurde er selbst verhaftet und mehrere Stunden lang festgehalten. Erst nach öffentlichen Protesten wurde er freigelassen.

Die beiden ermordeten Kommunisten hatten sich aktiv an der Verteidigung des revolutionären Prozesses in Venezuela beteiligt. Als Anfang 2019 von Kolumbien aus unter dem Deckmantel „humanitärer Hilfe“ Waffen und Terroristen über die Grenze gebracht werden sollten, gehörten Cachú und Rojas zu denen, die sich für die Verteidigung ihres Heimatlandes engagierten. Zugleich wehrten sie sich aber auch gegen Korruption und Machtmissbrauch auf der venezolanischen Seite. Offenbar gerieten sie so in das Visier der einen wie der anderen Seite.

Venezuelas Kommunisten verteidigen ihr Land gegen die Aggression des Imperialismus und fordern die Fortsetzung der unter Hugo Chávez eingeleiteten „Bolivarischen Revolution“. Zugleich kritisieren sie jedoch offen den Schlingerkurs der Regierung von Präsident Nicolás Maduro. Sie werfen ihm vor, der Blockade durch die USA und der fortgesetzten Destabilisierung durch immer weitere Zugeständnisse an den Imperialismus begegnen zu wollen. In den vergangenen Jahren wurden viele einst verstaatlichte Unternehmen wieder privatisiert, die Einkommen der arbeitenden Menschen werden durch die Hyperinflation aufgefressen – während Neureiche mit ihrem Wohlstand protzen.

Der einzige Parlamentsabgeordnete, der diese Zustände in der Nationalversammlung offen anprangert, ist PCV-Generalsekretär Oscar Figue­ras. Wenn er jedoch das Wort ergreift, bricht das staatliche Fernsehen VTV die Übertragung der Debatten regelmäßig ab. Die rechte Opposition wird hingegen hofiert, wenn sie verspricht, sich an die „demokratischen Spielregeln“ zu halten. Auch der selbsternannte „Präsident“ Juan Guaidó wird trotz nachgewiesener Verwicklung in Putschversuche und Korruption von den Behörden nicht angetastet.

Die politische Situation wird sich in den kommenden Monaten weiter zuspitzen, denn am 21. November sollen „Megawahlen“ stattfinden. Neu besetzt werden die Gouverneursposten, die Parlamente der Bundesstaaten, die Stadträte und Bürgermeisterämter. Die PCV und ihre Bündnispartner haben bereits angekündigt, wie schon bei der Parlamentswahl im Dezember 2020 wieder mit eigenen Kandidatinnen und Kandidaten anzutreten.

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"Gezielt ermordet", UZ vom 21. Mai 2021



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