USA drängen auf höhere Abnahme von Flüssiggas in der EU

Kriegskurs wird teuer

Auch wenn der Krieg gegen Russland vorerst ausbleiben sollte, die Kosten des westlichen Säbelrasselns sollen auf die Bevölkerung abgewälzt werden. Das Instrument dafür: Hohe Inflation, vor allem durch steigende Energiepreise. Dieses Planspiel breitete CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Montag im „Deutschlandfunk“ aus. Gleichzeitig sind laut Presseberichten USA und EU-Kommisson dabei, mehr Flüssiggas in EU-Länder zu lenken.

Röttgen lehnte im Interview deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Begründung: Kein anderes Land unterstütze die Ukraine „auch finanziell so verlässlich“ und mit „enormen Mitteln“ wie die Bundesrepublik. Es werde keinen Krieg des Westens wegen der Ukraine geben, das sei ein „zu hoher Preis“. Klarer geworden sei aber auch, dass die BRD „Teil der Abschreckung“ sei. Im Unterschied zu anderen Ländern, die Kiew Waffen liefern, verfüge die Bundesrepublik aber über „Gesprächskanäle mit Moskau“. Russland habe „zwei Lebensadern – Öl und Gas“. Die Bundesrepublik müsse „an diesem Punkt ansetzen, um abzuschrecken“. Es werde aber „Preissteigerungen“ geben, „wenn der Ernstfall eintritt“.

EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis erklärt bei einem Besuch in der Ukraine, dass die Nord-Stream-2-Pipeline von der EU-Kommission „auf Eis gelegt“ worden sei, da die EU sie auf ihre Vereinbarkeit mit ihrer Energiepolitik überprüfe. Er fügte hinzu, dass der Staatenblock alles in seiner Macht Stehende unternehme, um Moskau daran zu hindern, sein Gas als „Waffe“ zu benutzen. Die Inflation wird aber durch die künstlich vom Westen herbeigeführte Krise angeheizt.

Vergangene Woche titelte die „FAZ“: „Inflation größeres Risiko als Ukraine-Konflikt“ und verwies auf „rosige Konjunkturaussichten in Zentral- und Südosteuropa“, die „auch positiv auf Deutschland ausstrahlen dürften“. Denn das Bruttoinlandsprodukt zusammengenommen seien Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn die „bedeutendsten deutschen Außenhandelspartner“ mit einem für 2022 erwarteten Wachstum von 4,6 Prozent. Gefahren drohten aber dort wie hier von steigenden Energiepreisen, „weil die Haushalte in den Ländern einen hohen Teil ihres Einkommens für Energie und Nahrungsmittel“ ausgeben. Damit bleibe bei steigenden Kosten weniger für den Konsum anderer Güter, so dass Länder wie Ungarn, Serbien und Nordmazedonien bei Lebensmitteln schon auf Preiskontrollen setzten, „nicht zuletzt aus Gründen der innenpolitischen Stabilität“. Polen und Rumänien diskutierten darüber.

Einen Inflationsschub durch neue Sanktionen gegen Russland können diese Länder offenbar kaum verkraften. Solche Schäden für BRD und EU scheinen aber in Washington und Brüssel keine Rolle zu spielen. Am Dienstag berichtete das „Handelsblatt“, die USA engagierten sich so stark für die Versorgungssicherheit der EU, weil sie deren Abhängigkeit von russischen Energieimporten als Hindernis für abschreckende Sanktionsdrohungen gegen Moskau ausgemacht hätten. Ziel des US-Präsidenten Joseph Biden sei, zusammen mit Katar Flüssiggaslieferungen in die EU umzulenken. Laut Eingeweihten gebe es deswegen „quasi eine Standleitung“ zwischen den engsten Mitarbeitern von Kommissionschefin Ursula von der Leyen und den außenpolitischen Strategen der US-Regierung.

Es verwundert nicht, dass der Chef des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Oliver Hermes, am Dienstag angesichts dieser Situation dagegenhielt und dazu aufrief, ein „Helsinki 2.0“ mit Russland anzustreben: „Neue Wirtschaftssanktionen, sei es gegen Nord Stream 2 oder gegen den russischen Finanzsektor, führen dagegen zu hohen Kosten auf beiden Seiten.“ Nicht nur im Handel, im Energie- und Finanzsektor, sondern auch im Sicherheitsbereich sei „eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands und der Ukraine“ nötig.

Klar ist: Ob mit oder ohne Sanktionen – die Reallöhne sollen gesenkt werden. Die Arbeiterklasse soll die Zeche für preistreibende Konfrontation und Kriegskurs tragen.

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"Kriegskurs wird teuer", UZ vom 4. Februar 2022



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