Von der Leyen will eine autarke Bundeswehr schaffen

Profilneurose

Von Christoph Hentschel

Seit Dienstag vergangener Woche können die Bundestagsabgeordneten das neue „Fähigkeitsprofil“ der Bundeswehr einsehen. Dabei handelt es sich um die detaillierte Beschreibung des Bedarfs der Bundeswehr sowie die wesentlichen Modernisierungsschritte in drei Schritten für 2023, 2027 und 2031. Der Inhalt ist geheim und die Bundestagsabgeordneten dürfen nicht öffentlich daraus zitieren. Jedoch äußerte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei einem Besuch der Marineoperationsschule in Bremerhaven zum Fähigkeitsprofil. „Nach langen Zeiten des Schrumpfens sind wir jetzt wieder in einer Zeit des Wachstums“, kündigte von der Leyen an. Angestrebt wird eine vollständige personengebundene Ausrüstung aller Soldaten mit dem jeweils gleichen Gerät – statt bisher die Einheiten je nach Einsatz auszustatten. Ziel ist, hochmoderne Ausrüstung auch in Deutschland zur Verfügung stellen zu können, nicht nur für Auslandseinsätze.

Die Eckdaten des „internen Planungsdokumentes“ veröffentlichte das Verteidigungsministerium in einer Pressemitteilung. Neu ist, dass bis 2032 schrittweise alle drei Heeresdivisionen komplett ausgestattet sein sollen. Bisher leihen sie sich gegenseitig Material aus. Der Ausstattungsgrad liegt bei maximal 70 Prozent, bei Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Kriegsschiffen teilweise deutlich darunter. Das bedeutet einen erheblichen Mehrbedarf an Gerät. Dafür soll der Verteidigungsetat jährlich wachsen, 2019 von aktuell 39 auf 43 Milliarden Euro, bis 2024 auf 60 Milliarden. Das entspricht 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Rüstungsetat soll 2024 mit knapp 17 Milliarden Euro fast fünf Mal so hoch sein wie 2014.

Bis 2023 soll die erste Brigade voll ausgestattet sein, als Teil der Nato-Very High Readiness Joint Task Force (VJTF, Einsatzgruppe mit sehr hoher Einsatzbereitschaft). Vier Jahre später sollen drei, 2032 alle acht Brigaden in der Lage sein, das gesamte Aufgabenspektrum der Landstreitkräfte abzudecken. Hinzu kommen vier große Einsatzverbände der Luftwaffe und 25 Kampfschiffe plus acht U-Boote.

198 000 Soldaten und 61 000 zivile Mitarbeiter sollen die Grundausstattung sein, nur wenig mehr als heute. Neu dabei ist, dass die Truppe künftig wieder für die Landes- und Bündnisverteidigung aufgestellt werden soll. Auslandseinsätze, für die die Bundeswehr seit den 1990er Jahren ausgestattet wurde, müssten dann mit dem Kriegsgerät und Personal geführt werden, das zum Zweck der Landesverteidigung und für Nato-Einsätze aufgebaut werde.

„Die Bundeswehr soll zur eierlegenden Wollmilchsau werden. Sie soll alles können und das überall auf der Welt und noch in Deutschland. Ich glaube, das kann nicht funktionieren“, sagte Florian Kling, Sprecher des Bundeswehr-internen Arbeitskreises „Darmstädter Signal“, gegenüber dem „Südwestrundfunk“.

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"Profilneurose", UZ vom 14. September 2018



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