Neue Zwangsräumungen in Duisburg. Mitglied der Initiative Marxloher Nachbarn festgenommen

Rassistisch und repressiv

Die sogenannte „Task Force Problemimmobilien“ hat wieder zugeschlagen: Gegen 9 Uhr morgens am 26. Juni kontrollierte die Stabsstelle der Stadt Duisburg unangekündigt drei Wohnhäuser im Stadtteil Marxloh. Eines der Häuser sowie eine Dachgeschosswohnung in einem weiteren Haus ließ die Taskforce ohne Vorwarnung zwangsräumen. Die meisten der betroffenen Bewohner sind Roma aus Rumänien. Unter den jetzt Wohnungslosen sind Kinder, chronisch Kranke, Senioren und körperlich behinderte Menschen.

Aktive aus der Initiative Marxloher Nachbarn und Mitglieder des Vereins Stolipinovo in Europa versuchten, die Betroffenen vor Ort zu unterstützen. Die Initiative Marxloher Nachbarn wehrt sich gegen rassistische Zwangsräumungen der Stadt Duisburg. Stolipinovo in Europa setzt sich für die Rechte und Interessen von Migranten aus Osteuropa ein. Untersagt eine Stadt die Nutzung von Wohnraum, ist der Vermieter gesetzlich verpflichtet, angemessenen Ersatz zur Verfügung zu stellen. Einem Bericht der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ zufolge hat nur eine der betroffenen Familien eine Ersatzwohnung bekommen. Kommt der Vermieter der Verpflichtung nicht nach, ist die Kommune laut nordrhein-westfälischem Ordnungsbehördengesetz verpflichtet, eine Notunterkunft zu stellen. Dieser Pflicht kommt die Stadt Duisburg regelmäßig nicht nach, kritisiert die Initiative Marxloher Nachbarn. Ihren Erfahrungen nach müssen Betroffene oft von sich aus eine Ersatzunterkunft einfordern. Doch würden die wenigsten Betroffenen ihre Rechte kennen, und viele trauten sich nicht, darauf zu pochen.

Eine in der Initiative Marxloher Nachbarn Engagierte informierte die Betroffenen vor Ort. Ihr Name ist der Redaktion bekannt. Anwesende Polizisten sprachen einen Platzverweis gegen sie aus, sagte sie im Gespräch mit UZ. Weil sie sich weigerte, die Betroffenen alleine zu lassen, sei sie in Polizeigewahrsam genommen worden.

Die unmenschlichen Bedingungen dort schildert sie im Gespräch mit UZ. Sie habe alle Gegenstände abgeben, sogar ihren BH ausziehen müssen. Bei einer Leibesvisitation sei ihr ohne Vorwarnung in den Schritt gefasst worden. Etwa fünf Stunden lang sei sie in einer Polizeizelle ohne Fenster festgehalten worden. Jegliches Zeitgefühl habe sie darin verloren. Die Zelle sei gekachelt gewesen, berichtet die Aktivistin. Mobiliar habe es darin nicht gegeben, sie habe nur auf dem Fußboden sitzen können. Nicht einmal ein Waschbecken sei vorhanden gewesen, lediglich ein Plumpsklo – ohne Toilettenpapier. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, sich unbeobachtet von einer Videokamera zu erleichtern. Zudem sei ihr Trinkwasser vorenthalten worden, trotz der Hitze. Eine Anfrage von UZ an die Polizei Duisburg zu den Schilderungen der Aktivistin blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Am Abend des 26. Juni seien noch immer nicht allen der betroffenen Familien Notunterkünfte zugewiesen worden, berichtete die Initiative Marxloher Nachbarn.

Die rassistische Entmietungspolitik der Stadt Duisburg – fast alle Betroffenen sind Migranten – hat System. Immer wieder „überprüft“ die „Task Force Problemimmobilien“ unangekündigt Wohnhäuser und räumt Wohnungen zwangsweise unter fadenscheinigen Begründungen. Gelegenheit, tatsächliche Missstände abzustellen, bekommen die Bewohner nicht. Für sie haben diese Zwangsräumungen drastische Konsequenzen: Der Verlust der Wohnung bedeutet etwa den sofortigen Stopp von Kindergeld. Arbeitsplätze sind gefährdet. Schulpflichtige Kinder müssen teils die Schule wechseln oder absurd lange Anfahrtswege in Kauf nehmen.

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"Rassistisch und repressiv", UZ vom 4. Juli 2025



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