Milliardenschwere Finanzspritze für den Ukraine-Krieg beschlossen

Tödliche Ertüchtigung

Es nimmt kein Ende: Am 29. März billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages eine enorme Aufstockung der Finanzmittel für Waffenlieferungen an die Ukraine. Im Jahr 2022 waren „nur“ 2 Milliarden Euro eingestellt und für dieses Jahr ursprünglich „lediglich“ 2,2 Milliarden Euro vorgesehen. Schon in diesem Jahr wird diese Summe nun beträchtlich erhöht, nämlich um 3,2 Milliarden Euro auf 5,4 Milliarden Euro. Doch damit bei Weitem nicht genug: Für die kommenden Jahre wurden weitere 8,8 Milliarden Euro an „Verpflichtungsermächtigungen“ ausgelobt, so „Spiegel Online“: „Das Verteidigungsministerium kann also Verträge in der entsprechenden Höhe abschließen. Bisher war dafür nur eine Milliarde Euro eingeplant.“ Im Bundeshaushalt werden diese Gelder im Übrigen unter dem Posten „Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung“ verortet, der nicht Teil des Verteidigungs-, sondern des Allgemeinen Haushaltes ist.

Bezahlt wird mit diesem Geld auch der deutsche Beitragsanteil von 25 Prozent für einen EU-Topf, der den zynischen Namen „Europäische Friedensfazilität“ (EFF) trägt. Ursprünglich sollten hierüber im Zeitraum zwischen den Jahren 2021 und 2027 EU-Militäreinsätze und Waffen für „befreundete“ Akteure im Umfang von 5,7 Milliarden Euro finanziert werden. Da dem EFF aber bis zum März 2023 allein für Waffen an die Ukraine 3,6 Milliarden Euro entnommen wurden, sah man auch hier Handlungsbedarf. Aus diesem Grund beschloss der Rat der Europäischen Union am 14. März, die EFF-Obergrenze auf rund 8 Milliarden Euro anzuheben und gleichzeitig die Option zu verankern, bei Bedarf noch einmal um zusätzlich etwa 4 Milliarden Euro aufzustocken. Dadurch wurde es möglich, kurz darauf den Beschluss zu fällen, zwei weitere EFF-Milliarden für Munitionslieferungen an die Ukraine und das Auffüllen der EU-Arsenale bereitzustellen. Außerdem sollen mehrere hundert Millionen Euro für die Beschleunigung der europäischen Munitionsproduktion locker gemacht werden, wodurch Brüssel nun auch voll beim Aufbau einer Kriegswirtschaft mitmischt.

Doch nicht nur die Beträge, auch die Feuerkraft der gelieferten Waffen nimmt ständig zu: Erst waren es Helme, dann Panzerhaubitzen, dann Flakpanzer (Gepard), anschließend Schützenpanzer (Marder) und schließlich Kampfpanzer (Leopard 2), die in die Ukraine geschickt wurden. Wo das enden soll, ist völlig unklar. Erste Staaten haben bereits die Lieferung von Kampfjets für die Ukraine zugesagt, so dass inzwischen selbst manchen beinharten NATO-Fans mulmig zu werden scheint. So warnte etwa der sonst eher als Hardliner auftretende Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik schon vor einiger Zeit: „(Die) Politik (droht) Maß und Mitte zu verlieren und zur Getriebenen der ‚Lautrufer‘ zu werden. (…) Bei der militärischen Unterstützung Kiews dürfe es keine roten Linien geben. Und schließlich: Die Ukraine solle das erhalten, was für das Selbstverteidigungsrecht wichtig sei. Angesichts dieser dürftigen Begründung für deutsche Waffenlieferungen stockt einem fast der Atem: Mit einem derartigen Freibrief ließe sich auch die Lieferung taktischer Nuklearwaffen an die ukrainischen Streitkräfte rechtfertigen.“

Unser Autor ist Geschäftsführender Vorstand der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen.

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"Tödliche Ertüchtigung", UZ vom 7. April 2023



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