Aktions- und Streiktage der Landesbeschäftigten

Unmut unüberhörbar

Bis zum dritten Verhandlungstermin in der Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder wollen die Gewerkschaften ver.di und GEW nochmal ordentlich Druck machen. Für den Zeitraum vom 7. bis 9. Dezember sind erneute zentrale Warnstreiks in den Bundesländern geplant. Der öffentliche Dienst der Länder gilt in vielen Bereichen als schwer mobilisierbar, weil der gewerkschaftliche Organisationsgrad niedrig ist. Doch vergangene Woche zeigten die Beschäftigten eindrucksvoll, dass viele von ihnen der ständigen Überlastung, Personalnot und prekären Arbeitsbedingungen ein Ende setzen wollen.

Am 20. November begannen die Branchenstreiktage mit dem Hochschulaktionstag. In über 50 Städten forderten die Kolleginnen und Kollegen eine Verbesserung der Bedingungen in Wissenschaft und Lehre. Abseits der Lohnforderung ging es den Streikenden um die Durchsetzung eines Tarifvertrags für studentische Beschäftigte (TV Stud), die Anhebung der BAföG-Sätze und grundlegende Reformen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.

Die Jugend schloss sich einen Tag später an. Unter dem Motto „Schluss mit Frust“ rief die ver.di-Jugend zu Streiks auf, mobilisierte Auszubildende und Studierende im öffentlichen Dienst. Die Forderungen sind klar: Ein Gehaltsplus von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro beziehungsweise für Nachwuchskräfte monatlich 200 Euro mehr sowie die unbefristete Übernahme von Auszubildenden und dual Studierenden. Auch die Forderung der TVStud-Initiative wurden bei den Demonstrationen in Düsseldorf, München, Berlin und Hamburg noch einmal auf die Straße getragen.

Der Stadtstaaten-Streiktag folgte am 22. November. Alleine in Berlin streikten laut ver.di über 10.000 Beschäftigte. Die Kolleginnen und Kollegen aus Bremen fuhren zur gemeinsamen Streikkundgebung nach Hamburg.

ver.di fordert für die Beschäftigten der Stadtstaaten zusätzlich zu den Tarifforderungen eine Zulage in Höhe von 300 Euro pro Monat. Für Nachwuchskräfte sollen es 200 Euro extra sein. Anders als in den Flächenländern übernehmen Landesbeschäftigte in den Stadtstaaten nämlich auch kommunale Aufgaben. Dafür werden sie vielfach schlechter bezahlt als ihre Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen der Flächenländer.

480302 TdL - Unmut unüberhörbar - GEW, Tarifrunde der Länder 2023, ver.di - Wirtschaft & Soziales
Jugendstreiktag am 21. November in Düsseldorf (Foto: Bella Gruber)

Auch die Verbesserungen, die ver.di 2022 im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen durchgesetzt hat, kommen den Landesbeschäftigten nicht zugute. Zudem ist das Leben in Großstädten teurer als im Umland. Aufgrund der schlechteren Bedingungen bleiben in den Stadtstaaten viele Stellen unbesetzt.

Besonders deutlich wurde der Unmut bei den Gesundheitsaktionstagen am 23. und 24. November. Die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen sind laut und unüberhörbar.Die Beschäftigten der Unikliniken müssen befürchten, dauerhaft weniger zu verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Das treibt sie auf die Straße. Auch sie gehören zu denjenigen, die zu einem Großteil in Ballungszentren lebt, also dort, wo unter anderem die Mieten besonders hoch sind. Eine zusätzliche Belastung, die sie nicht länger hinnehmen wollen.

Zum 28. November rief die GEW zum Streiktag Bildung auf. Lehrkräfte, Erzieherinnen, Sozialarbeiter und -pädagogen sowie Hochschullehrende setzten in Hamburg, Berlin, Leipzig und Karlsruhe ein Zeichen gegen die Blockadehaltung der Tarifgemeinschaft der Länder.

Die Beschäftigten treten geschlossen und über die verschiedenen Bereiche hinweg für ihre Forderungen ein und zeigen, dass sie bereit sind, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.


Vor und zu den Verhandlungen in der dritten und vorerst letzten Runde am 7. und 8. Dezember in Potsdam wird es weitere lokale und zentrale Warnstreiks geben. Die DKP hat ein Tarif-Info sowie einen 500-Euro-Schein herausgeben, die als Kopiervorlage genutzt werden können.
Im Tarif-Info heißt es: „In der Tarifrunde der Länder zeigt sich, wofür dieser Staat Geld ausgeben will und wofür nicht mehr. Für die Beschäftigten in Landesverwaltungen, Kitas, Kliniken und im Straßenbau ist kein Geld mehr da. Wer in Ballungszentren lebt, muss inzwischen Wohngeld beantragen, auch wenn er im öffentlichen Dienst arbeitet. Studierende, die nicht aus reichem Elternhaus kommen, sollen auch weiterhin als studentisch Beschäftigte unter dem Mindestlohnniveau den Betrieb an den Universitäten aufrechterhalten.
All das halten die Arbeitgeber der Länder für normal. Deshalb wollen sie die Streikenden hinhalten und haben zwei Verhandlungsrunden lang kein Angebot abgegeben. In der dritten Verhandlungsrunde werden sie dann absehbar mit einem schlechten Angebot aufwarten, welches noch nicht mal reichen wird, um die Inflation seit der letzten Tariferhöhung auszugleichen. (…)
In der Bevölkerung wird mit einseitiger Medienberichterstattung eine Stimmung der Alternativlosigkeit organisiert. Die Herrschenden treibt die Hoffnung, dass sich kein Widerstand regt gegen die Sparpolitik auf Kosten der Mehrheit der arbeitenden Menschen in diesem Land. Die Ampel-Regierung zerschlägt die Sozialsysteme in völlig neuer Größenordnung.
Bei Kinderversorgung, Kranken- und Pflegeversicherung und Rente wird gekürzt. Die Kommunen werden noch weniger in der Lage sein, den Bürgerinnen und Bürgern Leistungen wie Schwimmbäder oder Bibliotheken anzubieten, die sich normale Beschäftigte auch leisten können. Noch mehr Krankenhäuser werden geschlossen. Stattdessen gehen Milliarden Euro in Aufrüstung und in die Kassen der Konzerne. Ab 2024 sollen jedes Jahr 2 Prozent des Bundeshaushaltes für Krieg ausgegeben werden. Das sind dann 20 Prozent aller Staatsausgaben für Bundeswehr, NATO und Aufrüstung. Der Chef des Rüstungsunternehmens Hensoldt, Thomas Müller, spricht Klartext: Eine neue Ära liege vor der Rüstungsindustrie. Für ihre Branche fließe damit Milch und Honig.“
DKP-Tarif-Info und 500-Euro-Schein können hier heruntergeladen werden.


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"Unmut unüberhörbar", UZ vom 1. Dezember 2023



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