Über Helme, Panzer und Kampfflugzeuge für ukrainische Faschisten

Ein bisschen Krieg

Als Deutschlands Regierung vor einem knappen Jahr die ukrainischen Banderisten vermutlich aus alter Gewohnheit mit fünftausend Helmen ausstattete, war damals selbst das noch nicht einfach umzusetzen. Menschen, die heute Scholz’ Leopard-Einknicken mit „viel zu spät“ kommentieren, warfen dagegen – heute eigenartig anmutende – Argumentationen wie „historische Verantwortung gegenüber Russland“ ins Feld. Dass die Helme bei einem der Nazi-Bataillone der ukrainischen Armee landen sollten, war da schon nicht verwerflich. Sondern das Muster, nach dem Pinochet, die Apartheid, die kroatische Ustascha, die kosovarische UCK und Nawalny historisch-verantwortlich unterstützt wurden.

Aber nun sind wir Dutzende neue Denkmäler für den Massenmörder an Juden und polnischen und russischen Slawen, Stepan Bandera, auf der einen und Dutzende noch nicht einmal ausgelieferte Schützenpanzer auf der anderen Seite weiter. Klar ist, dass – bevor die Schlagbäume zerstört werden – zunächst die moralischen Grenzpflöcke umgetreten werden müssen. Die besondere Verantwortung gegenüber den Völkern der UdSSR, die die Hälfte aller Weltkriegsopfer verzeichnen mussten, hatte sich Russland schon dadurch verscherzt, dass es sich nach Jelzin und Gaidar nicht mehr aufteilen lassen und seine Ressourcen nicht mehr verschleudern, sondern selbst verwerten wollte.

Genauso wenig können von NATO-Staaten entfachte Kriege ungestraft beendet werden – und wenn das wie in Syrien mit Waffen geschehen muss, dann sind russische Bomben Werkzeuge „gezielter Zerstörung von Menschenleben und ziviler Einrichtungen“, was angesichts des millionenfachen Mordens an der Zivilbevölkerung in Vietnam, Libyen oder in den Golfkriegen am Verstand derer zweifeln lässt, die sich ohne aufzumerken über Russlands Bomben auf westlich finanzierte und ausgerüstete Islamisten in Aleppo entrüsten.

Die irrationalen, weil moralgesteuerten Grünen waren erwartungsgemäß als erste mit der Forderung nach Kampfflugzeugen zur Stelle, und wenn nicht alles täuscht, ist diese bestenfalls die letzte vor der nach Langstreckenraketen. Nur Soldaten zu schicken ist eine echte rote Linie – „Wir stellen die Waffen, euer Volk die Toten“ lautet der Deal mit den ukrainischen Rechtsextremisten. Und weil in der Bundesregierung männlicherseits bis auf einen keiner bei der Bundeswehr war, müssen so manche Minister ohnehin fürchten, dass ihr Kriegsdienstverweigerungsverfahren wegen nachweislicher Falschaussage („Ich bin gegen jede Weitergabe von Kriegswaffen“) aufgerollt wird. Dank zu Guttenbergs Abschaffung der Wehrpflicht müssten sie immerhin nicht mehr auf Leopards klettern.

Vielleicht will Frau Baerbock genau diesen Guttenberg geben, von dem die Erkenntnis erhalten ist, in Afghanistan gebe es keinen Einsatz, sondern einen Krieg. Mit ihrem offenherzigen „We are fighting a war against Russia“ vor dem vom Kriegsgegner gesäuberten Europarat ist sie für einen kurzen Moment unfreiwillig auf der rationalen Seite der Geschichte gelandet – da, wo auch Merkel („Die Minsker Vereinbarungen waren ein Versuch, der Ukraine Zeit zu geben“) und Putin sind, der Merkels Interview vom 7. Dezember in der „Zeit“ nicht erst abwarten musste, um Schlüsse zum Schutz der Russischen Föderation zu ziehen.

Vermutlich wird bald auch Russlands Regierung mit dem ersten Leopard-Treffer auf eine eigene Stellung den „Militäreinsatz“ wie seinerzeit Deutschland in Afghanistan Krieg nennen müssen – und dank Baerbocks Erklärung entsprechend handeln. Die Weigerung Baerbocks, der Stellenbeschreibung nachzukommen („höchste/r Diplomat/in nach dem Kanzler“) ist das eine – die Welt in die totale Konfrontation hineinzureden das andere.

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"Ein bisschen Krieg", UZ vom 3. Februar 2023



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