Zu Lauterbachs Hilfe in sozialen Brennpunkten

Gesundheit vonne Bude

Jutta Markowski

Bundesgesundheitsminister Lauterbach will bundesweit Gesundheitskioske einführen, um in sozialen Brennpunkten „niederschwellige Versorgungsangebote“ zu schaffen. An den Kiosken könne man Hilfe bei der Terminsuche für Haus- und Fachärzte und bei Übersetzungen sowie Ernährungsberatungen bekommen. In Hamburg und Essen habe man damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Für Essen stimmt das nicht. Das Lokalradio berichtete, dass in dem neuen Gesundheitskiosk bisher so gut wie niemand gesichtet wurde. Doch gegen zusätzliche Versorgungsangebote kann man ja nichts haben und mit Buden kennen wir uns im Ruhrgebiet aus. Eigentlich mögen wir sie auch.

Die Gesundheitskioske aber nicht. Im armen Essener Norden wurden beide Krankenhäuser gegen den Widerstand der Bevölkerung geschlossen. Für den katholischen Betreiber waren sie nicht profitabel genug. Die Forderung der Bürgerinnen und Bürger nach einem Ersatz, nach einem Krankenhaus in öffentlicher Trägerschaft, wird von der schwarz-grünen Ratsmehrheit bis heute hintertrieben. Stattdessen pumpt sie jährlich 1,5 Millionen Euro in zwei Gesundheitsbuden. Man zerschlägt also eine Gesundheitsstruktur mit Krankenhäusern, Notfall- und Fachambulanzen, um anschließend ein Schmalspurangebot einzurichten. Die „in Gesundheit geschulten“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was immer das heißen mag, sollen eine Lotsenfunktion für Kranke und Hilfesuchende anbieten. Doch wohin? Die Krankenhäuser sind geschlossen, die vorher schon raren Fachärzte und Therapieangebote in der Folge zusätzlich ausgedünnt. Die Stimmung unter den Menschen im Essener Norden ist eindeutig: Die wollen uns verarschen und halten uns auch noch für zu doof, um einen Arzt zu finden.

Bleibt noch die Ernährungsberatung. Statt einer Tüte gemischter Bonbons bekommt man am Gesundheitskiosk einen grünen Smoothie; der Mixer wird durch die eigene Muskelkraft angetrieben. Gesunde Ernährung und Bewegung sollen für die nötige Resilienz sorgen. Kein Witz. Und das Ganze ist auch nicht mehr zum Lachen, sondern scheißgefährlich. Immer mehr Gesundheitsleistungen werden an Hilfskräfte ausgelagert. Kein Pfleger da? Dann wäscht dich morgens der pflegerisch interessierte Bufdi. Keine Hebamme da? Dann begleitet dich die geburtserfahrene Doula. Kein Krankenhaus da? Dann geh‘se eben anne Bude.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Gesundheit vonne Bude", UZ vom 13. Mai 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit