Über „Europas Verteidiger“?

Germans to the front!

Die FAZ schreibt in ihrer Ausgabe vom 7. März: „Deutsche machen ihr Testament und ziehen in den Krieg“. Via TV und Twitter richtete sich der ukrainische Präsident Wladimir Selenski unmittelbar nach Beginn der russischen Militäroperation an seine treuen Gefolgsleute im Ausland: „Wenn Sie Kampferfahrung in Europa haben, können Sie zu uns kommen und mit uns Europa verteidigen.“

Seither strömen – aufgepeitscht vom medialen Stahlgewitter der bürgerlichen Presse – hunderte Neonazis, Ex-Söldner, waffengeile Glücksritter und jene, die endlich mal den Controller ihrer Spielekonsole mit dem Abzug einer echten AK-47 tauschen wollen, über die polnische Grenze.

Das faschistische Asow-Regiment, direkt dem ukrainischen Innenministerium unterstellt, organisiert für die westlichen Waffenbrüder Fahrgemeinschaften nach Lemberg. Aufmunitioniert und mit den von den Nato-Staaten frisch gelieferten Waffen ausgestattet, gelangen sie in ihre Einsatzorte.

Die Bundesregierung zuckt mit den Schultern. Das Töten in fremden Ländern sei nicht strafbar, solange die Regeln des Kriegsvölkerrechts beachtet werden, die Bundespolizei sei „sensibilisiert“. Dagegen sprechen Erfolgsmeldungen der „militarytimes“: „Die ersten Gruppen sind bereits auf dem Schlachtfeld. Jeden Tag geht eine neue Gruppe ins Kampfgebiet.“ Die Zuführung frischen Menschenmaterials wird durch die ukrainischen Botschaften organisiert.

In unserem Strafrecht (§ 109h Strafgesetzbuch) steht dazu: „Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

Das perlt an den Kriegswerbern ab, schließlich genießt man diplomatische Immunität. Außerdem geht es um die Verteidigung westlicher Werte. Dazu gehört auch, dass man als zukünftiges Kanonenfutter im ukrainischen Schützengraben im fernen Deutschland alles ordentlich zurückgelassen hat. Ganz so, wie es die FAZ an einem konkreten Beispiel beschreibt: „Er war beim Anwalt. Er hat sein Testament gemacht. Und eine Bestattungsverfügung. ‚Wenn ich ehrlich bin: Ich hab die Hosen voll‘.“

Über den Autor

Ralf Hohmann (Jahrgang 1959) ist Rechtswissenschaftler.

Nach seinen Promotionen im Bereich Jura und in Philosophie arbeitete er im Bereich der Strafverteidigung, Anwaltsfortbildung und nahm Lehraufträge an Universitäten wahr.

Er schreibt seit Mai 2019 regelmäßig für die UZ.

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"Germans to the front!", UZ vom 11. März 2022



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