Klaus Wagener sagt das Ergebnis der Midterms in den USA voraus

Keine Wahl

Das ist einer der Momente, in denen der Leser einen uneinholbaren Vorsprung vor dem Autor dieser Zeilen hat. Er kennt (vermutlich) den Ausgang der US-Zwischenwahlen, der Autor nicht. Dennoch sind schon jetzt einige Bemerkungen zulässig.

Viele US-Bürger sind, ebenso wie viele europäische Bürger, von ihrer Regierung enttäuscht. Die Biden-Regierung hat den Zweiten Kalten Krieg gegen Russland und China ausgerufen. Sie will diese Staaten, die Eurasische Kooperation insgesamt, als Bedrohung der globalen US-Vorherrschaft ausschalten. Das hat massive Rückwirkungen für die US-Bürger. Und noch massivere für die Europäer.

Dabei hatte die Linke, nicht nur die der USA, den Wahlsieg Joseph Bidens als großen Erfolg gefeiert – um nun im Zentrum eines blutigen, zerstörerischen und teuren Krieges aufzuwachen, bei dem hohe Milliardenbeträge und große Teile des US-Waffenarsenals für das mit Faschisten durchsetzte Kiewer Regime mobilisiert werden. Und bei dem nun die direkte Konfrontation mit den Streitkräften der Russischen Föderation droht.

Die meisten US-Bürger plagen aber ganz andere Sorgen: Inflation, hohe Spritpreise, miserable Arbeitssituation, hohe Schulden et cetera. Und wie seit Jahren kommt aus Washington nur heiße Luft und als Watschenmann wird der Ultrabösewicht Putin inszeniert.

Ganz gleich, wen die US-Bürger wählen, die Politik bleibt dieselbe. Es geht allenfalls ums Kleingedruckte. Republikaner oder „Demokraten“, das ist keine Alternative, sondern das sind zwei Seiten der großen Partei der Wall-Street-Milliardäre, des militärisch-industriellen Komplexes, von Big Oil, Big Pharma, und Silicon Valley. Das medial aufwändig inszenierte Parteien-Hickhack ist kaum mehr als ein Gerangel des politischen Personals um die besten Plätze an den Futtertrögen.

Es sagt viel über den Zustand des US-Imperiums und der „demokratischen“ Partei, wenn ein egozentrischer Milliardär wie Donald Trump für Millionen US-Bürger wiederholt als Retter in der Not erscheinen kann. Seit der europäisch-nordamerikanische Reformismus zunächst ins neoliberale und nun auch ins Lager der Überwachung und Schikane, der Zensur und der Kriegstreiber übergewechselt ist, ist die bürgerliche Demokratie endgültig zur Farce geworden. Die US-Bürger hatten am Dienstag keine Wahl. Sie konnten nur Denkzettel austeilen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Keine Wahl", UZ vom 11. November 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit