Zur Berichterstattung über Corona-Proteste in Peking

Mit Eifer gegen China

In der Volksrepublik China scheint es Proteste gegen Corona-Maßnahmen zu geben und unsere Medien hyperventilieren. Handybilder zeigen „sich ausweitende Proteste“, die sich zunehmend „gegen den Staat“, „die Kommunistische Partei“ und „Xi Jinping“ richten. Die Bilder geben nicht viel her, sie zeigen einige hundert Protestierende und eine relativ harmlos agierende Polizei. Aber unsere Medien wünschen die Eskalation. Sie sehen sich schon wieder auf dem „Platz des himmlischen Frieden“ und hoffen auf ein zweites Tian’anmen.

Die offizielle Website der Weltgesundheitsorganisation weist für die VR China 30.000 Todesopfer als Folge von Covid aus, bei einer Bevölkerung von über 1,4 Milliarden Menschen. Für Deutschland weist die Seite 157.000 Tote bei einer Bevölkerung von 84 Millionen, für die USA 1,067 Millionen Tote bei einer Bevölkerung von 330 Millionen Menschen aus. Eine Übertragung der „deutschen“ Rate auf China würde dort 2,5 Millionen Todesopfer bedeuten, eine der „amerikanischen“ Rate 4,2 Millionen Tote. Zuerst ist also festzuhalten, dass die Strategie der VR China und das Gesundheitswesen der VR China im Umgang mit der Pandemie äußerst erfolgreich sind. Es geht also nicht um eine Debatte um die beste Strategie im Umgang mit der Pandemie, wenn Medien und Politik sich auf diese Proteste stürzen.
Aber eine Strategie, die stark auf die sofortige Isolierung aller Infektionen setzt, kann für die Betroffenen zermürbend und belastend sein. Der Verarbeitung der vermeintlichen beziehungsweise tatsächlichen Proteste durch Medien und bürgerliche Politik geht es nicht um Verständnis für die Betroffenen, sondern um ihre Instrumentalisierung. Während Gegner von Corona-Maßnahmen in diesem Land als Rechte und Schwurbler diffamiert werden, sind sie in China Freiheitskämpfer.

Es geht ihnen wie immer darum, jeden Widerspruch in Nationen auszunutzen, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen oder gar an gesellschaftlichen Alternativen arbeiten. Ihr Ziel ist Destabilisierung und „Regime Change“. Das Schicksal der Menschen in der VR China ist ihnen dabei genauso egal, wie das Schicksal derer, die in diesem Land an Corona starben und sterben, weil das Gesundheitswesen kaputtgespart wurde.

Die Menschen in China werden ihre Widersprüche lösen, ohne sich vor den Karren der Imperialisten, ihrer Politik und ihrer Medien spannen zu lassen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Mit Eifer gegen China", UZ vom 2. Dezember 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit