Zu Habecks Energiesparprogramm für 80 Millionen

Sparen bis es friert

Kennt noch jemand Christian Schmidt? 2015 war der CSU-Politiker Bundeslandwirtschaftsminister und ließ in dieser Eigenschaft einen Satz los, der wohl das einzige bleiben wird, woran man sich bei ihm vielleicht erinnern wird: „An apple a day keeps Putin away.“ Damals ging es um einen von Russland verhängten Importstopp für westeuropäisches Obst und Gemüse.

Inzwischen ist es der Westen, der russische Produkte blockiert. Für dumme Sprüche ist aber immer noch die deutsche Bundesregierung zuständig. Die Rolle des Schweinepriesters hat nun der Wirtschaftsminister und Vizekanzler übernommen. Robert Habeck will die Deutschen zum Energiesparen bewegen. Um von Energielieferungen aus Russland unabhängiger zu werden, reicht es eben nicht, beim Emir von Katar den Bückling zu machen – die Bürger sollen gefälligst sparen und frieren, während für Bomben, Panzer, Raketen und Berater 100 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Habeck kennt keine Parteien mehr, er kennt nur noch Deutsche: „80 Millionen gemeinsam für Energiesparen.“

„Regelmäßig das Eisfach abtauen, Duschkopf wechseln oder in Büros die Beleuchtung auf LED umstellen“, verkündete Habeck am 10. Juni in Berlin sein „ambitioniertes“ Programm. Kurz zusammengefasst: Weniger Zuschüsse für Haushalte – zum Beispiel, indem die Förderung des Einbaus von Gasheizungen abgeschafft wird (sollen sie doch weiter mit Kohle heizen). Im Gegenzug wird den Unternehmern noch mehr Zucker in den Hintern geblasen. Man wolle „Vermieterinnen und Vermieter zusätzlich motivieren“, heißt es in Habecks „Arbeitsplan Energieeffizienz“. Der CO2-Preis für Erdgas und Heizöl soll „nach einem Stufenmodell neu zwischen Vermieterinnen/Vermietern einerseits und Mieterinnen/Mietern andererseits aufgeteilt werden“: Je besser die Energiebilanz eines Gebäudes ist, desto mehr sollen die Mieter für Energie bezahlen müssen. Zuerst bezahlen die Mieterinnen und Mieter also die Luxussanierung der Wohnungskonzerne, die ihre Kosten auf die Mieten umlegen, und dann werden auch noch größere Teile der Energiekosten auf die Menschen in den Wohnungen abgeladen.

Wer hinter dem Phrasenschwall aus Habecks Ministerium nach Konkretem sucht, wird nur mit Mühe fündig. Klar wird vor allem, dass sich der grüne Poster-Boy nicht an die größten Energieverbraucher herantraut. Auch wenn es lange her ist, selbst den Grünen war mal bewusst, dass der größte Umweltzerstörer das Militär ist. Abrüsten statt aufrüsten wäre ein wirklich effizienter Beitrag zum Klimaschutz. Stoppt die Produktion von Massenvernichtungswaffen durch deutsche Großkonzerne, dann können wir weiterreden.

Ja, aber die Russen, die Ukraine, die Bedrohung … Wer mit Erdogan, den Saudis, dem Emir von Katar, der US-Fracking-Lobby oder auch dem marokkanischen Besatzungsregime kungelt, weil er mit Moskau keine Geschäfte mehr machen will, zeigt nur, dass es weder um Moral und Unabhängigkeit geht und schon gar nicht um eine „feministische Außenpolitik“. Es geht um ganz gewöhnliche imperialistische Machtpolitik.

Und dabei erreichen diese Herrschaften bislang nicht einmal ihr Ziel, Russland zu schwächen. Die vom Westen durch die Sanktionen angeheizte Inflation, die vor allem die Ärmsten bezahlen müssen, hat Russland in den vergangenen Monaten Rekordeinnahmen bei der Ausfuhr von Öl und Gas beschert. Und zumindest Staaten wie China oder Indien machen keine Anstalten, sich vom Westen vorschreiben zu lassen, bei wem sie Energie einkaufen sollen.

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"Sparen bis es friert", UZ vom 17. Juni 2022



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